Tagbebuch-Reisebericht

Tagbebuch-Reisebericht

Reisebericht Bolivien vom 03.05. – 15.05. 2023
03.05.2023 – 1. Tag
Anreise
Der Flug von Frankfurt nach Bogota lässt den Tag nicht zu Ende gehen. Wir fliegen nach Westen. Heute werden wir die Sonne wohl fast 20 Stunden sehen können, obwohl wir uns vom nördlichen Wendekreis wegbewegen. Sie ging pünktlich 6 Uhr auf und wärmte uns ein wenig als wir am Bahnsteig Marl-Sinsen auf den Regio warteten, der uns eine Station nach Recklinghausen brachte. Hier tranken wir im Bistro noch einen Kaffee bis der Zug zum Wörtersee pünktlich aus Münster um 7 Uhr auftauchte und wir ein Stück des Weges in Richtung Alpen mitfuhren. In Mainz war dann für uns Schluss und die S8 brachte uns zum Flughafen Frankfurt. Wahrscheinlich werden wir den Zug zum Wörtersee auch im Sommer nehmen, wenn wir zum Adria-Trail aufbrechen. Die Flughafenformalitäten erledigten problemlos und wir erfuhren, dass unser Gepäck von Bogota nach Santa Cruz durchgecheckt wird. Eine Sorge weniger.
Flugzeit 11,5 Stunden und trotz „late Check-in“ haben wir diesmal fantastische Plätze bekommen. Wir sitzen am Notausgang Reihe 30. In der ersten Klasse würde uns so mancher um unsere Beinfreiheit beneiden. Der Flieger ist ein Airbus A340 also kein ganz großer, was ich als äußerst angenehm empfinde. Die Sonne scheint – der Urlaub kann beginnen.

04.05.2023 - 2. Tag Santa Cruz
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Santa Cruz del Sierra in Bolivien, oh là là! Wenn man hier ankommt, wird man sofort von einer Mischung aus Hitze und Exotik umhüllt. Aber das ist noch längst nicht alles. Sobald man sich ein bisschen umschaut, merkt man schnell, dass man in einer Stadt gelandet ist, in der man sich nicht langweilen wird.
Die Menschen hier sind unglaublich freundlich und herzlich. Es gibt immer jemanden, der einem mit einem Lächeln und einem freundlichen "Hola" begrüßt. Die Straßen sind voller Leben und die Atmosphäre ist lebendig und bunt. Es ist schwer, hier nicht in Stimmung zu kommen!
Die Stadt selbst hat eine Menge zu bieten. Es gibt tolle Restaurants, Bars und Cafés, in denen man die köstliche lokale Küche probieren kann. Und wer sich für Geschichte interessiert, wird hier sicherlich auch auf seine Kosten kommen. Es gibt jede Menge historische Gebäude und Plätze, die man besichtigen kann.
Aber seien wir mal ehrlich: Das Beste an Santa Cruz del Sierra ist das Wetter. Ja, es ist wirklich unglaublich heiß hier, aber hey, das bedeutet, dass man sich jeden Tag wie im Sommerurlaub fühlt! Und wenn man sich dann irgendwann doch mal abkühlen muss, kann man einfach in einen der vielen klimatisierten Shops oder Einkaufszentren gehen.
Insgesamt ist Santa Cruz del Sierra ein Ort, den man auf jeden Fall besuchen sollte, wenn man nach Bolivien kommt. Es gibt hier so viel zu entdecken und zu erleben, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Aber hey, das ist doch genau das, was das Reisen so aufregend macht, oder nicht?
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Nachdem Chat GPT mir etliche Ideen und Steilvorlagen gegeben hat, schreibe ich noch meinen Senf dazu. Also es ist kalt, die Sonne nicht zu sehen und man könnte denken, wenn man nicht gerade die Straßen und Häuser sieht, dass man im April im Ruhrpott in Deutschland wäre. Die Stadt, die größte Boliviens (größer als La Paz im subtropischen Landstrich des Landes) ist eine schnell wachsende Metropole mit Schwerpunkt auf Landwirtschaftstechnik. Exotisch sind eigentlich nur die elektrischen Leitungen, die sich wie ein Gewirr von Urwald-Lianen über die Hauptstraßen zu den Häusern winden, vielleicht noch die blühenden Bäume (obwohl es wo doch eher Herbst ist). Restaurants konnten wir so viele nicht testen, aber das eine, in dem wir zu Mittag aßen, war okay. Die Stadt hat kaum Bauten aus der Kolonialzeit und die neuen Hochhäuser sind halt Hochhäuser. Das Hotel ist in Ordnung, das Zimmer gut und das Frühstück war auch prima, also insgesamt nichts zu meckern. Aber Santa Cruz ist auch keine Stadt, die einen zu längeren Spaziergängen einlädt. Und in alle Viertel sollten wir uns auch nicht begeben, das gibt die Sicherheitslage nicht her (so zumindest die Empfehlung unseres Touroperators). Die Einkaufszentren sind weniger oh la,la, als so la, la und frische Südfrüchte suchten wir vergebens. Also entspannten wir uns, ich las ein Buch in der Onleihe auf dem PC und Toma lernte Chinesisch.

5.05.2023 - 3. Tag Santa Cruz – Uyuni
Wir wurden pünktlich zum Flughafen gebracht, der Flieger hatte Verspätung und der Anschluss war auch weg. Alles klärte sich aber in der nächsten halben Stunde auf, und wir kamen noch rechtzeitig mit nach Cochabamba, von wo es dann nach Uyuni ging. Als es im ersten Flieger etwas bumpig wurde, warf sich Toma zwei Kügelchen ein. Der Flug ging durch dicke Wolken und man konnte fast nichts sehen auch nicht die 6 –Tausender, die es in Bolivien zu bewundern gibt. Ich war schon froh, wenn ab und zu mal die Wolkendecke aufriss und man überhaupt was sehen konnte, da der Flieger auch ab und zu mal absackte.
Egal, wir kamen rechtzeitig und lebend in Uyuni an, wurden von der Militärpolizei vom Rollfeld begleitet und trafen unseren Guide, Isaak und Rocher (vielleicht auch Rodger oder Roche…) unseren Fahrer.
Gleich neben dem Flughafen war der Lokomotivenfriedhof mit viel Schnickschnack drum herum. Hier wurden ausrangierte Lokomotiven aus der Zeit der Minenaktivitäten begraben – unser erster Fotospot.
Uyuni liegt auf 3660 Meter über dem Meeresspiegel, und es war Ruhe geboten. Keine physischen Aktivitäten. Wir ließen uns als von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit fahren. Die Sehenswürdigkeit an sich war die Altiplano, also die Hochebene Lateinamerikas. Heute zeigte sie sich von einer etwas anderen Seite, als wir sie bisher erlebt hatten, heute war der Himmel bedeckt und das strahlende Blau des Himmels, das umgehend gute Laune verbreitete sahen wir nur kurz einmal aufblitzen. Die Laune war trotzdem gut, wir hatten die Anreise geschafft, wir konnten nun ununterbrochen neue Eindrücke konsumieren. Zu Mittag machten wir einen Halt in einer Bergarbeiterstadt (San Christobal) und aßen das von unserem Guide vorbereitete Essen. Toma hatte sogar ein veganes Menü. Die Höhe zeigte sich bei mir in Appetitlosigkeit. Die Bergarbeiterstadt, ich glaube sie bauen Zinn und Nickel oder ein anderes Metall ab, ist voll in der Hand des Unternehmens. Das Unternehmen sponsert alles. Naja von allen Siedlungen, die wir bisher gesehen haben, war San Christobal auch das wohlhabendste Dorf weit und breit.
Wir fuhren immer recht lange Strecken bis zum nächsten Highlight. Die nächste Sehenswürdigkeit war eine/mehrere Felsformationen, die von Winderosion geprägt waren und Durchgänge, Löscher oder andere Fantasiewesen darstellen sollten, wenn man denn nur die nötige Fantasie hatte oder aufbrachte. Mitten in der Altiplano mit schönen Pampagras als Vordergrund – der zweite Fotospot. Danach ging es in eine Lagune. Lagunen sind hier generell Highlights. Meistens werden sie nach ihrer Farbe benannt, die unsere hatte aber keine besondere Farbe aufzuweisen. Hier sollten spezielle Vögel sein und eine Art Hasen mit langem Schwanz. Tiere sahen wir unterwegs schon eine ganze Menge und wir hielten auch einmal auf meinen Wunsch in einen Feuchtgebiet an, um Ibisse, Flamingos, Andengänse, und noch viel mehr zu fotografieren. Lamas, Alpaccas, … es gab viel zu sehen. Unterwegs sahen wir auch eine Gruppe Nandus. Viel bewegen mussten wir uns nicht, oft gelangen die Aufnahmen aus dem Auto (Lexus 470 hat man uns spendiert – im fortgeschrittenen Alter).
Die Lagune war mal völlig anders, als die wir bisher von der Altiplano kannten, weite Fläche riesige Ebenen und dahinter große Berge. Unsere Lagune lag eingebettet in Felsen, nicht allzu hohe und bildete eher einen kleinen Gebirgssee, auf dem der besondere Vogel eine Art großer Taucher schwamm (gestrecktes Teichhuhn, schwarz, bunter Schnabel). Auf die Felsen ringsherum konnte man klettern, was wir mit Vorsicht taten. In den Felsen lebten auch die Langschwanz-Hasen (in großer Zahl). Sehr schöner Fleck auf unserer Erde.
Es wurde aber auch schon langsam dunkel (also gegen 18 Uhr – wir sind ja nicht weit weg vom Äquator). Der Himmel war voller dramatischer Wolken und wenn wir jetzt noch einen schönen Vordergrund dazu tun könnten, das wäre wohl perfekt. Bis zur nächsten Lagune waren es noch 20 Minuten und Roche gab alles, um rechtzeitig da zu sein. Als wir angekommen waren, vergaß ich alle guten Vorsätze und sprang aus dem Wagen, um das umwerfende knallige Licht, von violett bis blau noch einzufangen. Einige Fotos sind etwas geworden.
Es verblieben noch 15 Minuten bis zum Hotel, wobei wir eine Sehenswürdigkeit auslassen mussten, es war schon zu dunkel. Das Hotel – gut, dass wir es in der Dunkelheit nicht von außen gesehen hatten, war eine Ansammlung von Hütten, die alle verbunden waren und im Inneren ein interessantes Hotel abgaben. (Hotel Jardines de Mallku Cueva) Als Zimmerwände dienten große Felsen, es war alles sehr urig und im Einklang mit der Umgebung gestaltet. Sonst aber recht einfach, was man auch über das Abendbrot sagen konnte. Buffet und meinen Appetit bremste immer noch die Höhe aus. Meine Uhr, die ich adjustiert hatte, zeigte 4400 Meter an. Nach dem Dinner fielen wir aber unisono ins Bett und schliefen ein. Es war ein langer Tag und die Höhe machte uns doch zu schaffen.
Ich wachte nah etwa 4 Stunden auf und im Kopf fuhren die Geister Karussell. Die Schlaftablette von Toma schaffte Abhilfe. Toma hatte auch Höhe. 20 vor 6 war dann alles vorbei, ein neuer Tag begann.

06.05.2023 - 4. Tag
Auf der Altiplana – Von Lagune zu Lagune
Es hatte gefroren die Nacht. Die Wasserflächen in dem Feuchtgebiet des Bachlaufes vor dem Hotel waren mit Eis bedeckt. Ein langer Fahrtag lag vor uns. Gestern waren wir schon ein gutes Stück in Richtung Süden gefahren, heute wollten wir die Altiplano bis in den äußersten Zipfel Boliviens, dort wo die Grenze zu Chile einen Knick macht, erkunden. Die Straßen, besser Wege waren alle nicht ausgebaut, also nicht asphaltiert oder gepflastert, es ging einfach durch das Gelände und wenn die befestigte (das ist mal ein Radlader drübergefahren) nicht mehr gut war, fuhr man eben auf einer neuen Spur. Unser Fahrer war bemüht, uns so wenig wie möglich durchzuschütteln. Ganz vereinzelt gab es hier oben Dörfer. Die domestizierten Lamas sah man dann auch mal näher mal weiter entfernt vom Wege. Sie bewegen sich frei und werden des Fleisches und der Wolle wegen gehalten. Die Markierung der Lamas ist nicht mit Marken im Ohr, nein, bunte Wollfäden sind an den Ohren befestigt (oder in die Wolle eingewebt) und schmücken die Lamas wie mit kleinen Federn. Die Fauna ändert sich kaum, mal mehr mal weniger Pampagras, mal grünere Pflanzen, die aber den Boden nur teilweise bedecken. Es ist sehr trocken und unser Auto hinterlässt eine weit sichtbare Staubfahne. So kann man schon von Weitem sehen, wo ein Auto zu erwarten ist, denn die Sicht ist hervorragend, obwohl der Himmel bedeckt ist. Die Sonne bricht aber immer häufiger durch die Wolken, so dass die Laune eigentlich ganz gut ist, obwohl wir beide doch noch etwas mit der Höhe zu kämpfen haben. Und da sich die Landschaft nur langsam ändert, nicken wir ab und zu mal ein und lassen unseren Körper sich adaptieren. Vulkane oder andere Bergformationen wechseln sich ab und wir queren etliche Pässe, kleinere, wo meine Uhr bis zu 4800 Meter anzeigt. Ab und zu bitte ich den Fahrer anzuhalten, um die Landschaft mit der Kamera einzufangen.
Unser erstes großes Highlight ist die rote Lagune (Laguna Colorada). Hier durchpflügen Flamingos mit ihren Schnäbeln das Wasser, um an die leckeren Krebstierchen zu kommen. Die Fluchtdistanz ist aber recht groß, was für das 600mm Objektiv aber kein Problem ist. Die Sonne meint es auch gut mit uns, indem sie die Lagune ausleuchtet, sodass die rote Farbe deutlich erkennbar ist. Sobald man das bequeme Auto verlässt, ist man dem starken kalten Wind ausgesetzt. Die Sonne hat es kaum geschafft, die Landschaft aufzuwärmen. Na vergleichen wir dies einmal mit den Alpen, so sind wir fast auf der Höhe des Mont Blanc und das im November. Lange werden die Flamingos auch nicht mehr in der Lagune sein. Sie werden sich ein Winterquartier suchen, wo es wärmer ist.
Was das Schöne an der Altiplano ist, ist diese Weite. Keine Begrenzungen für das Auge, immer Sicht bis zum Horizont, wo dann die fast unscheinbaren 5 vielleicht sogar 6-Tausender aufragen, doch das tun sie nicht, denn sie werden eher als Hügelkette wahrgenommen. Also viel Himmel am Horizont und hier tummeln sich heute wunderschöne Wolken, die der Wind immer mal neu sortiert.
Nach Rot kommt grün und das Gelb dazwischen waren für uns heute die Borax-Lagerstätten, also auch eine Art weiße Salzwüste, die kommerziell genutzt wird oder wurde. Wir kurvten an der riesigen weißen Fläche im Tal vorbei und passierten die heißen Quellen - Termas de Polques, wo eine Pause uns Erleichterung verschaffte. Das Wasser in den heißen Quellen soll um die 30 Grad sein, da aber weder die Quellen eingehaust oder etwas davon überdacht war, noch das es beheizte Umkleiden gab, war der Wunsch bei etwa 5 Grad Celsius sich aufzuwärmen, bei den meisten Touristen, die hier vorbeikamen, recht gering. Isaak sprach mit dem Besitzer der Lokalitäten und buchte uns für die Rückfahrt einen Tisch, wo wir unser Mittagessen einnehmen würden. Es ging also nun zum abgelegensten Punkt unser Fahrt in den Süden, zur Laguna Verde. Im Übrigen kann man diese Lagune auch von San Pedro de Atacama besichtigen, da sie nur wenige Kilometer von der chilenischen Grenze entfernt liegt. Die Fahrt dorthin ging durch und über die Berge, von denen manche in vielen Farben leuchteten, wenn die Sonne durch die Wolken brach. Die Wege wurden nicht besser und manchmal schien es mir unmöglich, sich bei all diesen Feldwegen, die oft kreuz und quer verliefen, zurechtzufinden. Doch für Roche kein Problem und das ohne Navi, nur die Vulkane und Berggipfel als Hilfestellung.
Über die grüne Lagune fegte ein orkanartiger Wind. Beim Aussteigen flog mir die Tür weg. Der Wind peitschte das Wasser auf, sodass die Wellen Schaumkronen hatten, an ein Spiegeln der Berge im Hintergrund war nicht zu denken. Dafür hatten wir Fotografierwolken von romantisch bis dramatisch. Die weiße Lagune liegt gleich neben an. Da ich den Bericht drei Tage später schreibe, ist mir in Erinnerung geblieben, eine weitere Lagune, der wir natürlich auch ein Bild widmeten.
Auf dem Rückweg fuhren wir noch an einem Ort vorbei, wo Dampf aus der Erde in den Himmel schoss, Schlammvulkane vor sich hin blubberten und wir das Innere der Erde zu hören, zu sehen und riechen bekamen. Der kräftige kalte Wind nahm die Dampfschwaden sofort mit sich und hüllte so das ganze Gebiet in Nebel. Ein wenig spuky.
Rückfahrt. Da wir doch noch etwas von der Höhe geschafft waren, vielen uns die Augen trotz herrlichster Landschaft zu, denn auch zu viel Schönheit kann ermüden. Kurz vor Sonnenuntergang waren wir zurück im Hotel – 10,5 Stunden gefahren, von Lagune zu Lagune durch eine bezaubernde Landschaft. Abendessen wie am Tag zuvor. Gleich danach zu Bett.

07.05.2023 - 5. Tag
Zurück nach Uyuni – Die Salzwüste Uyuni – (Solar de Uyuni)
Heute hieß es noch eher aufstehen, da um 7 Uhr die Abfahrt angesetzt war. Toma schlief schlecht und die Höhe machte sich noch einmal bemerkbar. Das Aufstehen war dann eine gewisse Erlösung. Kaum gefrühstückt, machten wir uns auf den Weg zurück in Richtung Norden. Viele Lamas und Vikunjas waren unterwegs. An derselben Stelle, wo wir schon auf der Hinfahrt viele Vögel gesehen hatten, sahen wir von der Brücke aus, in der anderen Richtung (flussaufwärts), viele Vögel in einem See oder in einer Flusserweiterung, die sich aufgrund des geringen Gefälles gebildet hatte.
Wir hielten an und ich bewaffnete mich mit beiden Fotoapparaten und schlich mich an die große Schar von Flamingos heran. Doch schon keine 10 Meter entfernt, fischte ein Nachtreiher, der von Andengänsen, denen die Fische so ziemlich egal waren, gestört wurde, weil es an der Stelle saftiges Gras zu zupfen gab. Als sie den Nachtreiher dann vergrault hatten, rauften sich zwei Männchen der Andengänse. Nur wenig weiter entfernt, schwarze Ibisse stakten durch das Nass und kamen den Möwen zu nahe, die dann kreischend aufflogen und sich einen halben Meter vor den Ibis setzten, der daraufhin losflatterte, die Möwen auch hochscheuchte, bis sich alles wieder ein wenig beruhigt hatte und alles wieder von vorn begann. Ich schlich mich also am rechten Flussufer näher, fotografierte auch die kleinen Vögel, die mir vor den Füßen herumliefen, sah auf der anderen Flussseite (es waren nur etwa 20 Meter) weitere Reiherarten, verschiedenste Entenarten und Gänse, von denen die einen ganz entspannt in dem Wirrwarr auf dem Wasser dahinglitten, andere sich aber genervt zum Ufer bewegten und aus der Gefahrenzone der Ibisse und Möwen schnell zu entkommen versuchten. Das ganze Panorama war fantastisch, Flusslauf aus den Hügeln kommend, dahinter hohe Berge / Vulkane, dann die Schar Flamingos und davor eine aufgeregte Menge anderer Wasservögel. Plötzlich ein greller Schrei direkt über mir. Als ich hochschaute, bemerkte ich eine Möwe, die mich attackierte. Eine zweite stieß dazu und ich konnte wunderschöne Aufnahmen der im Anflug schreienden Möwe machen. Die künstliche Intelligenz der Sony-Kamera machte ihre Sache sehr gut. Wahrscheinlich war ich auf meinem Weg einem Nest der Möwen zu nah gekommen. Ich glaube, die aufgeregten lauten Rufe der Möwen waren es wohl dann auch, die die Flamingos aufschrecken ließen und davonfliegen. Doch ich hatte das Manöver noch rechtzeitig erkannt und so gelangen zwar nicht die erhofften Nahaufnahmen, dafür aber Bilder von Flamingos im Flug.
Der Tag begann erfolgsversprechend. Wir erreichten Uyuni nach einem kurzen Halt wieder in San Christobal, wo dann auch endlich die Asphaltstraße begann. Noch vor dem Mittag kamen wir in Uyuni an, einer Stadt mit 3000 Einwohnern. (Für eine Stadt, die die wichtigste Sehenswürdigkeit in Bolivien bedient, ist die Stadt eine einzige schmutzige Katastrophe.) Die Sonne schien und wir cremten uns für die Fahrt durch die Salzwüste ein, machten noch einen Stopp bei den Familien, die sich traditionell mit der Salzgewinnung beschäftigten, also das Salz aus der Wüste holten, es reinigten und verpackten. Ich hatte mich auf Lithiumgewinnung oder ähnliche technologische Sachen gefreut, dafür gab es halt viele Souvenirs zweifelhafter Qualität zu kaufen. Egal. Abgehakt. Letzter Stopp vor der Wüste war der Salzpalast, unser heutiges Hotel. Wir gaben nur die Koffer ab und es ging los.
In der Salzwüste gibt es keine ausgebauten Straßen, vielleicht Spuren von Autos, die vor einem gefahren sind oder Strecken, die sehr frequentiert sind und dann erkennbar, da es eingedrückte Spuren gibt oder die Salzstruktur zerstört wurde. Orientiert wird sich an den Bergen vor einem bzw. links und rechts von einem. Und diese Berge sind je nach dem über 100 km entfernt, vielleicht auch doppelt so weit. Die Sicht ist oder sie war es zumindest am heutigen Tag brillant. Die viele, viele Kilometer entfernten Berge wurden wie in eine Art Bodennebel eingehüllt, was aussah, als würde das Wasser, der Schnee oder Nebel an den Hängen emporklettern und das Gebirge mit der Salzwüste verschmelzen lassen. Wahrscheinlich eine Art Fata Morgana. Unser Ziel lag in der Mitte zwischen zwei Erhebungen in einer Entfernung von 74 km und bildete vielleicht den Mittelpunkt eines gleichschenkligen Dreiecks, wobei von der Spitze, an der wir uns befanden, bis zu diesem Mittelpunkt die 74 km zurückzulegen waren. Die Berge am Horizont bildeten die anderen Ecken des Dreiecks. (ich hoffe, ich konnte die Dimensionen der Salzwüste ein wenig beschreiben – sie ist über 10.000 km² groß, also etwa 100 mal 100 km, wenn die Fläche ein Würfel wäre.
Bei diesen Dimensionen wird auch klar, dass eine Erhebung von 5.500 Meter (5,5 km oder etwa 2 km über der Salzwüste) höchstens als kleiner Hügel aus einer Entfernung von 100 km wahrgenommen wird. Das ergibt einen Winkel von etwa 1-2 Grad. (höchstens) Mit Photoshop kann man dies noch ein wenig stauchen, damit man die Berge besser sieht. Unsere Insel, also unser heutiges Ziel, die Isla Incahuasi erhebt sich höchstens 100 Meter über die Salzwüste. Bei einer Entfernung von 74 km weiß ich nicht einmal, ob die Insel aufgrund der Erdkrümmung überhaupt vom Rand der Wüste zu sehen ist.
(Nachtrag: Nein: Rechnung A=74 km B=6370 km-Erdradius C= Wurzel aus (A²+B²) Die Höhe ist gleich C-B. Es ergeben sich ungefähr 430 Meter für die Inselhöhe, damit die Insel aus der Entfernung sichtbar wäre.) Die reale Höhe ist aber vielleicht 100 Meter, wenn überhaupt.)
Wir fuhren also erst einmal los, auf gut Glück oder basierend auf der Erfahrung unseres Drivers, der dort schon mehrere Male war. Kaum gestartet, hieß es aber schon wieder anhalten, denn wir waren am Startpunkt der Ralley Uyuni Dakkar. Denkmal fotografieren und die ersten Bilder in der blütenweißen Umgebung machen. Der perfekte Ort für eine Werbung für Ariel oder Spee. Als wir das dortige Museum betraten, tanzte gerade eine Folkloregruppe und wurde professionell gefilmt. Da ich mich die ganze Zeit schon ein wenig geärgert hatte, keine Personen fotografiert zu haben, kamen mir die Bilder von den Tänzern und Tänzerinnen gerade recht. Von Toma machte ich ein Bild mit einer Geländemaschine, in Anlehnung an das Bild aus einer anderen Hochebene (der von Tibet, die wir vor genau 10 Jahren durchquerten).
Dann ging es wirklich los. Quer über eine plane weiße Fläche, die man gut aus dem Kosmos sehen kann und die von Satelliten genutzt wird, um Instrumente zu kalibrieren, da sie im Gegensatz zum Wasser wirklich flach und eben ist. Fährt man eine Weile verliert man ganz schnell das Gefühl für die Geschwindigkeit, da sich nichts nähert oder auch nicht von einem entfernt. Einstein hätte wohl hier seine Relativitätstheorie erfinden können. Fuhr nämlich in einiger Entfernung ein Auto in dieselbe Richtung, konnte man denken, man steht (denn nur noch ein vages Fahrgefühl war vorhanden, da der Untergrund eben war, der Lexus extrem leise, gut gefedert und man die Geschwindigkeit eh nicht wahrnahm).
Wir glitten also über Salz hinweg und nach einiger Zeit fragte ich, wieweit wir fahren. Als unser Guide sagte 74 km, wurde mir doch schon ein wenig anders. 150 km hin und zurück! Irgendwann tauchte unser Ziel dann auf, als es die Erdkrümmung erlaubte. Ein schwarzer Fleck in einer unendlich weiten Wüste. Nach etwa einer Stunde hielten wir vor der Insel, die gar keine Insel war, zumindest nicht in der Trockenzeit. In der Regenzeit ist es auch nicht erlaubt zur Insel zu fahren, das Salzwasser würde die Elektronik der modernen Autos auch nach 20 Minuten ausschalten, wenn man nicht schon vorher in einer Vertiefung versunken wäre.
Wir hielten etwa 100 Meter vor der Insel, auf der vor allem die großen hunderte von Jahren alten Kakteen (Leucostele atacamensis) auffielen, an. Isaak und Roche bereiteten das Mittagessen vor, das wir dann gemeinsam mit Isaak einnahmen. Danach machten wir noch einige Spaßaufnahmen bevor wir auf die andere Seite der Insel fuhren, parkten und mit der Besichtigung begannen. Auf der Insel wuchsen Kakteen, der größten Exemplare eine Höhe von bis zu 10 Meter erreicht hatten. Die Insel hatte ein einsames Ehepaar vor längerer Zeit besiedelt bis die Tourismusbranche es als Ausflugsziel erkoren hatte. Die Insel ist aber auch ein einmalig schöner Fleck auf diesem Planeten. Wenn man den markierten Rundweg entlang, mit Aufstieg auf den höchsten Punkt der Insel begeht und durch die riesigen Kakteen zum Horizont blick, über das Weiß des Salzes zum Dunkelblau der Berge, dann sind das für immer bleibende Eindrücke. Man fühlt sich wie in eine Märchenwelt versetzt, so schön sind die Blicke über das Meer oder gen Himmel in denen die Kakteen ragen, die unendliche Weite des Salzes, dessen Weiß alles in gleißendes Licht taucht. Zauberhaft. Alle drei vier Meter ein neues Motiv und man möchte ja auch keins verpassen, denn wir werden wohl diesen wunderschönen Ort nicht noch einmal besuchen. Die Kakteen sind überall präsent, genau wie das Weiß, das die Insel umgibt. Wir nahmen uns Zeit, all die Schönheit ins uns aufzunehmen und möglichst viele visuelle Eindrücke auf der SD-Karte festzuhalten. Als wir den Rundgang absolviert hatten und wieder bei den vor der Insel parkenden Autos ankamen, hörten wir vertraute Musik in 100 Meter Entfernung. Die schon bekannten Folklore-Gruppe tanzte zu typische Quechuarhythmen in dieser einmaligen Traumlandschaft. Ich rannte zum Ort des Geschehens und reihte mich ein in die Fotografen, die das Spektakel ablichteten. Drohnen kreisten über uns, um auch aus der Vogelperspektive Bilder zu haben. Die Truppe tanzte eher semiprofessionell, aber absolut top gekleidet, also bunt und mit Verzierungen und allen denkbaren Accessoires. Bei manchen Tänzern hatte ich Angst, dass der Kreislauf das alles mitmacht, in der Höhe bei der dünnen Luft.
Dann brachen wir gegen 5 Uhr zum Sonnenuntergangbeobachten in der Wüste auf, wir fuhren quasi zurück zum Hotel, denn wenn nicht auf der Insel den Sonnenuntergang schauen, in der Wüste war es völlig egal, wo man sich befand. Ich wünschte mir zwar einen Vordergrund für das Ereignis, aber damit konnte keiner dienen. Interessant war beim Sonnenuntergang das Folgende. Die Sonne ging ja gewissermaßen im „Salzmeer“ unter und als Fotograf stand man direkt im oder auf dem Wasser und das Wasser bewegte sich nicht.
Mit der Ausbeute bin nicht so richtig zufrieden, aber da muss man schon drei oder vier Sonnenuntergänge miterleben, um die richtige Bildkomposition hinzubekommen, denn anhalten kann man unseren Stern ja nicht, er ist dann einfach weg.
Der Salzpalast erwies sich als wunderschönes Hotel. Viele Elemente waren aus Salzblöcken gebaut, sogar die Decke über unserem Bett war einem Igludach nachempfunden. Das alles muss natürlich gut isoliert sein, damit auf keinen Fall Wasser in die Salzkonstruktion eindringen kann. Es war eine gute Wahl, hier direkt am Rande der Salzwüste zu übernachten und nicht in Uyuni, es rundete einen perfekten Tag ab und wir fühlten uns verwöhnt vom Leben.

08.05.2023 - 6. Tag
Von Uyuni nach Sucre
Zum Glück gab es keinen Rückflug von Uyuni nach Santa Cruz an diesem Tag und unser Veranstalter hatte einen Transfer nach Sucre organisiert, von wo wir am nächsten Tag nach Santa Cruz fliegen würden. Wir erwarteten ein Auto und einen Fahrer, wurden jedoch mit einem zusätzlichen Reiseführer überrascht, ein junger Mann, Student, der am heutigen Tag sein letztes Examen bestehen sollte (nach Ankunft in Sucre und einem langen Arbeitstag). Wir nahmen mit Wehmut Abschied von der Salzwüste und dachten, dass wir uns ebenso von der Höhe verabschieden würden. Doch bis zum Mittag ging es durch die Bergwelt Boliviens und sogar noch ein Stück höher hinaus, bis etwa 4200 Meter. Die Fahrt bis Potosi (einer Bergbaustadt) gestaltete sich wirklich zu einer Reise durch wunderschöne Täler, farbenfrohe Berge, tiefer Schluchten, einer üppigen Natur, die der Altiplano allemal das Wasser reichen konnte. Zuerst traute ich mich nicht zu fragen, ob wir zwecks Foto anhalten können, wurde dann aber von Ricardo darin bestärkt, es doch zu tun. In den Flussauen eingebettet lagen Dörfer der Ureinwohner, es grasten viele Lamas in den „Gärten“, Felder und Wiesen, die Bäume hatten sich gelb gefärbt im Herbst und den Hintergrund bildeten steile Berghänge, die diese Traumlandschaft einrahmten. Da konnte mein Fotografenherz nicht widerstehen, doch ab und zu einmal die Fahrt zu stoppen. Manchmal schien mir, dass Ricardo und unser Fahrer Wilson auch ganz einverstanden damit waren, so konnten wir die Glieder ein wenig stretchen, die frische Luft genießen, und das Auto verlassen.
Es war wirklich eine abwechslungsreiche Landschaft, die wir durchquerten und trotz der langen Fahrt war an Schlafen nicht wirklich zu denken. Wir sahen auch die schneebedeckten Berge der Anden, viele Bergbauaktivitäten, doch eigentlich ein unberührtes und wie mir schien noch unentdecktes Land, was ein riesiges Touristenpotential bietet. Die Straße dorthin ist sehr gut ausgebaut und eigentlich brauchte man nur ein schönes Hotel in diese Landschaft bauen, der Rest sollte sich von allein ergeben (natürlich mit ein wenig Marketing).
Mittags erreichten wir Potosi, die Silberstadt an sich. Potosi war einst wohl die reichste Stadt Lateinamerikas durch den Silberschatz, der aus Berg geborgen wurde, worauf sie gebaut wurde. Auch heute ist sie Distrikt-Zentrum und eine der größten Städte des Landes auf 4000 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, eine der höchstgelegenen Großstädte der Erde. Die Stadt sieht aber wirklich heruntergekommen aus und da wir gerade zur Mittagszeit ankamen, der Zeit, wo der Schichtwechsel in den Schulen erfolgt (morgens lernen die Kleinen 4 Stunden, nachmittags die größeren 4 Stunden), waren die Straßen hoffnungslos verstopft durch rußende, qualmende Autos – „Kinderabholtaxis“, meist älteren Baujahres. Die VW-Käfer gehörten da wohl noch eher zu den modernen Fabrikaten. Es ging nicht mal im Schritttempo vorwärts, sodass wir Wilson allein im Auto mit unseren Sachen zurückließen und zu Fuß zu unserem Mittagsrestaurant gingen. Es lag direkt im Zentrum der Altstadt, die wirklich schön war und deshalb wohl auch das gesamte Stadtgebiet zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt wurde. Enge Gassen, romantische Ansichten, wunderschöne Blicke auf die Stadt und die Backstein-Häuser, wie sie sich an den Berg schmiegen. Auch die vielen Kirchen, gebaut mit dem Silbergeld, geben der Stadt das gewisse Etwas. Doch schaut man genauer hin, so bröckelt der Putz im wahrsten Sinne des Wortes überall. Schade.
Nach Potosi wurden die Landschaft dann ein wenig weniger schroff, wir verließen dann auch die Höhen um die 4000 Meter und die Berge wurden weniger gewaltig.
Sucre früher La Plata, heute auch die weiße Stadt genannt, begrüßte uns am späten Nachmittag mit typischen Ziegelsteinbauten, also einer Rahmenbeton-Konstruktion, die durch Ziegelsteine ausgefüllt wurde und ein überaus hässliches Bild abgab. (Wie wir am nächsten Tag von unserem Guide erfuhren, liegt das daran, solange die Häuser nicht verputzt und gestrichen sind, sie nicht als fertiggestellt gelten und nur eine sehr geringe Steuer darauf erhoben wird, im Gegensatz zu fertiggestellten Bauten.) In den Vorstädten erhält man also ein Bild von unfertigen Gebäuden und reger Bautätigkeit. Egal, als wir uns dem Zentrum näherten, sahen die Häuser schon schöner aus, das Straßenbild wurde „lieblicher“, romantischer, geprägt von einem schönen spanischen Kolonialstil. Das Zentrum der faktischen Hauptstadt Boliviens war fein herausgeputzt, prächtige weiße Gebäude, ein perfekt durchgestylter Park davor mit exotischen Pflanzen tip, top. Sucre ist heute eine Universitätsstadt mit zentraler Verwaltung und beherbergt viele Studenten, die auch abends das Straßenbild prägen.
Unser (Boutique) Hotel befand sich nur wenige Querstraßen vom Zentrum entfernt. Das Gebäude ist ein Edelstein, ein ehemaliges Gebäude eines ehemaligen Minenbesitzers mit Blick über die Stadt, einem kleinen Innenhof, einer eigenen Kapelle und unzähligen Requisiten (so würde ich die vielen kleinen angesammelten und zur Schau gestellten oder in das Inventar gut integrierten Antiquitäten nennen). Ein absoluter Traum von einer Unterkunft. Leider war heute am Montag das hoteleigene Restaurant geschlossen – und das leider erwies sich als Glück. Wir waren also gezwungen noch einmal das Hotel zu verlassen und uns die wunderschöne Innenstadt anzuschauen, zumindest bis zum Restaurant El Solar zu gehen, das sich bergab drei Querstraßen weiter unten befand. So getan und siehe da, das Restaurant hatte auch zu. Also eine andere Dinneroption finden. Und so gelangten wir auf dem Hauptplatz, Plaza de Armas (wie sie wohl alle in Lateinamerika heißen), wo uns unser Guide (den einzigen Menschen, den wir in Sucre kannten) in die Arme lief (zu seinem Examen eilte). Wir sagten ihm, dass auch das Restaurant El Solar zu hat, worauf er erwiderte, dass die Restaurants erst später öffnen würden. Und so war es. Und so kamen wir zu unserem 4 Gang – Menü (mit einigen Hürden bei der Aufgabe der Bestellung in Spanisch – doch Toma lernt ja in jeder Sprache zuerst die Speisekarten-Wörter) in Sterne-Qualität. Erschreckend gut (für den Gaumen und das Auge) und wohlschmeckend und erschreckend billig. 20 Euro für zwei Personen mit Getränken.
Ja, und so gestaltete sich der als reiner Transfer gedachte Tag zu einem proper gefüllten Urlaubstag.

09.05.2023 - 7. Tag
Von Sucre nach Santa Cruz
Früh am Morgen Transfer vom Hotel auf einer Nicht-Asphaltstraße zum Flughafen der Hauptstadt. Der war eine Start- und Landebahn mit einem etwas zu groß geratenen Abfertigungsgebäude, da eh nur eine Handvoll Flieger am Tag von hier starteten. Die Landschaft machte den Bau einer Landebahn für große Flieger eigentlich unmöglich, überall Berge, kaum gerade Flächen.
In Santa Cruz checkten wir wieder in dasselbe Hotel ein, aßen beim Mexikaner zu Mittag und suchten Nicks Adventure Büro auf. Hier erhielten wir noch einige Hinweise für die morgige Reise ins Jaguarland. Am Nachmittag trennten wir die Sachen, die wir mitnehmen, von denen die im Hotel zurückbleiben.
Das ist jetzt geschafft und Abendessen gibt es in einem vegetarischen Restaurant.
Wenn wir es denn gefunden hätten.

10.05.bis 13.05.2023 – 8. bis 11. Tag
Jaguarland
4 Tage auf der Suche nach dem Jaguar, der Großkatze Lateinamerikas.
Wir fuhren in den Norden Santa Cruz am Flughafen vorbei durch Montero, wo wir noch vor allem frische Lebensmittel für die nächsten 4 Tage einkauften. Hinter Montero begann die unbefestigte Straße und die Felder wurden größer, die Größe der Ranches erinnerten uns an die Ausmaße der Farmen in Australien. Felder und grüne Streifen entlang der Flüsse und Kanäle bestimmten die Landschaft. Kaum Hügel oder Berge, die den Blick aufhielten, meistens ein grüner Streifen von Bäumen, der das Ende der Sicht bestimmte. Ein wenig war die Landschaft vergleichbar mit dem Münsterland. Felder begrenzt von Alleen (hier von Vegetationsstreifen, in denen die Tiere ein Rückzugsgebiet hatten), Kanäle zur Entwässerung (auch wie im Münsterland – zum Beispiel in der Nähe von Dülmen bis nach Reken), nur alles etwas größer. Jaguarland, die Farm auf der wir unser Glück, einen Jaguar zu finden, versuchten hat eine Ausdehnung wie das ehemalige Westberlin. Sie gehört einem brasilianischen Großgrundbesitzer, der ab und zu mal mit seiner Chesna nach dem Rechten schaut. Im Jaguarland waren viele Grünstreifen zwischen den einzelnen Feldern stehen gelassen worden. Hier in diesem undurchdringbaren Dickicht verbarg sich der Jaguar, aber nicht nur er. Auch Ameisenbären, Ozelots, Agutis und viele mehr. Auf den Feldern und in den Kanälen und Wasserläufen wimmelte es nur so von Kaimanen, Vögeln, Schlangen,…. Ein Paradies für den Vogelfreund, spannend für jeden, der die Natur hautnah erleben wollte.
Auf den Feldern wurde gerade die Saat ausgebracht. Es war also viel los und überall, wo der Mensch in die Landschaft eingriff, sie umpflügte und Nahrung an die Oberfläche spülte, dort warteten sie schon, die Störche, die Nandus, die Greifvögel, bereit sich an dem Mahl zu laben, das die Bauern für sie bereitet hatten.
Und es gab genug zu Fressen für den Jaguar, so lagen zum Beispiel Capivaras überall an den Flussläufen herum. Und obwohl ein Jaguar für sich ein ziemlich großes Gebiet beansprucht, hier war die Jaguardichte besonders hoch. Vielleicht 7 Jaguare plus Nachwuchs, schätzte unser Guide, hielten sich zurzeit im Jaguarland auf. Es galt also einen dieser 7 Jaguare in einem Gebiet, so groß wie Westberlin, zu finden und dann noch ein Foto zu machen.
Nick, der Chef unser Tour-Operator - Nick’s Adventure, unser Guide, ein sehr netter Australier, versprach uns, dass wir ihn sehen werden. Aber er bestand auch darauf, dass wir uns auf den Jaguar fokussieren und das Beobachten anderer Tiere (zum Beispiel stundenlanges Birdwatching) bis zum Erfolg zurückstellten. Vielleicht war dies nicht unser Stil, aber wir hofften, schnell einen Jaguar zu sehen, damit der Erfolgsdruck von allen genommen war.
Am Anreisetag begann die Jagd nach der Großkatze schon auf der Fahrt zur Unterkunft. In der Unterkunft, ein etwas abgelegenes (sehr einfaches) Farmgebäude, wo unsere Zelte wind- und regengeschützt unter einem Dach auf einer betonierten Fläche aufgestellt waren, begrüßte uns ein junges Paar (Italienerin und Engländer), die heute schon mehrmals das Glück hatten, einen Jaguar zu sehen. Das stimmte hoffnungsvoll.
Die Unterkunft, die einem Verwalter gehörte, bestand aus zwei Räumen und einer Küche, die wir mitbenutzen durften. Das Essen war lecker, immer frisch, lokal und es gab nationale Gerichte, für Toma alles vegetarisch.
Nick, immer voller Tatendrang, drängte zum Aufbruch, schon kurz nachdem wir angekommen waren und unsere Sachen ins Zelt geräumt hatten. Er wollte uns noch heute einen Jaguar präsentieren.
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Doch unsere ersten Begegnungen mit der bolivianischen Tierwelt hatten wir schon, bevor wir durch das Gatter ins Jaguarland fuhren. Nick ließ plötzlich Jose, unseren Fahrer, anhalten und zeigte auf einen Baum am etwas entfernten Straßenrand. Ein Faultier schaute von oben herab auf uns herunter. Sehr schön. Wenige Kilometer weiter sahen wir etwas über die Felder rennen. Nein, es waren keine Nandus, die Strauße Südamerikas, es war ein kleineres Tier und als wir durch das Fernglas schauten (ich durch die Kamera) erkannten wir, was Nick schon ohne Hilfsmittel entdeckt hatte, einen Amarillo. Wir hielten an, stiegen aus und liefen über das Feld auf ihn zu. Der Amarillo rannte nicht davon, sodass wir alle Zeit der Welt hatten, ein schönes Foto zu machen.
Voller Hoffnung stiegen wir also in Joses Auto und fuhren durch das Jaguarland. Zuerst zu den Orten, wo der Jaguar heute schon einmal gesehen wurde. Obwohl große Entfernungen zurückzulegen waren, änderte sich die Umgebung so gut wie nicht. Felder, grüner Waldstreifen und wieder Felder, ab und zu mussten wir einen Kanal überqueren oder fuhren entlang eines Waldes (der die Felder zum Fluss hin begrenzte.) Auf den Felder sahen wir Nandus, Greifvögel (Kara-Karas, Hooks, Snail Kits…), Störche… aber auch Wild (in etwa wie das Rotwild in deutschen Wälder), aber keinen Jaguar.
Oft waren es nur Nick und Jose, die die Tiere von Weitem erkannten. Ihre Augen kannten die Muster, nach denen sie suchen mussten. Für uns war oft ein Erdhügel ein vielversprechendes Tier. Mit der Zeit verließ ich mich ganz und gar auf die Augen der Beiden.
Der erste Tag ging nach 2-2,5 Stunden Game Drive erfolglos zu Ende, nachdem die Sonne unterging und wir nichts mehr sehen konnten. (zumindest was den Jaguar betraf) Aber es gab ja heute noch die Möglichkeit ihn zu sehen auf der Nachtfahrt. Der Ausflug in die Nacht war interessant. Beide (Toma und ich) mit starken Strahlern bewaffnet (Taschenlampen mit hellem fokussierten Strahl), und ebenso Nick, schauten wir nach Wild. Es ist fast einfacher in der Nacht das Wild aufzuspüren, als am Tage, da sobald der Lichtstrahl auf die Augen trifft, reflektieren diese den Strahl und das Tier ist enttarnt. Wir sahen viele Füchse, Kaimane in den Kanälen, deren Augen besonders hell leuchteten; Nightjars, Fledermäuse und eine Eule, die ganz verdutzt in den hellen Strahl der Taschenlampe blickte.
Im Großen und Ganzen war ich aber mit der Fotoausbeute zufrieden. Der Himmel über dem Jaguarland war mit Wolken bedeckt und nur wenige Sterne waren zu sehen. Die Nacht im Zelt war warm, voller Geräusche und windig.
Der nächste Tag begann zeitig. Wir versuchten unser Glück in der Dämmerung. Das hieß kurz nach 5 Uhr aufstehen und noch im Dunklen losfahren. An den „Hotspots“ hatten wir kein Glück und deshalb probierten wir es mit der Straße, die am Fluss entlangführte. Hier wimmelte es nur so von Kaimanen und Wasservögeln, die jedoch meist wegflogen, wenn sich unser Wagen näherte. Die Vielfalt der Vogelwelt war jedoch beeindruckend. Am Ende der Straße (es war ein Feldweg auf einem aufgeschütteten Damm, der das Feuchtgebiet auf der rechten Seite von der Farm und dem begrenzenden Kanal auf der linken Seite trennte. Am Ende des Dammes und somit des Weges war eine größere Wasserfläche, wo die endemischen bolivianischen rosa Delphine ab und zu zu sehen waren. In den Morgenstunden war das Wasser aber noch zu kalt und die Begegnung mit den Delphinen musste warten. In den Feuchtgebieten zu beiden Seiten des Dammes gab es viele Capivaras, in kleinen und großen Familien, die darauf warteten, vom Jaguar gefressen zu werden, genauso, wie wir auf die erste Begegnung mit ihm.
Ein wenig merkte man Nick schon die Ungeduld an, dass wir noch keinen Jaguar gesehen hatten. Wir fuhren zurück Frühstücken. Plötzlich – wie so viele Male plötzlich – schaute Nick angespannt durch sein Fernglas, ließ Jose anhalten und wir sprangen aus dem Auto, also zuerst Nick, dann wir und Nick rannte schon los. Gut, dass wir Wanderstiefel anhatten, denn es ging querfeldein über den Acker, der uns tief einsinken ließ, zur gegenüberliegenden Seite des Feldes, die etwa 200 Meter oder weiter entfernt war. Nick sah ihn und behielt ihm im Auge. Er bewegte sich quer von einem Waldsteifen zum anderen. Ich rannte, Toma rannte, aber wir sahen keinen Jaguar (oder Tigre, wie ihn die Bolivianer nannten). Als wir die halbe Distanz zurückgelegt hatten, wir kurz anhielten und ich durch die Kamera schaute, sah ich die Umrisse des Jaguars. Auch Toma hatte ihn durch das Fernglas entdeckt (nachdem sie Nick eindringlich gebeten hatte, zum Auto zurück zu dürfen).
Klick, klick, klick, Dauerfeuer, mit der Hoffnung es wird schon was zu sehen sein auf dem Bild. Dann verschwanden die Umrisse auch schon im hohen Gras. Okay, wir würden ja noch viele Gelegenheiten haben den Tigre zu fotografieren.
Erfreut begrüßten wir die Italienerin und ihren Engländer beim Frühstück. Bevor wir losfuhren entwickelte ich DAS Bild, denn beim Durchscrollen der Aufnahmen auf der Heimfahrt, war klar, dass nur zwei Bilder halbwegs zu gebrauchen waren. Naja, 100 Meter Entfernung, hohes Gras, ein Wunder, dass man ihn überhaupt als Tigre erkennen konnte. Ich war zufrieden mit dem Ergebnis, hoffte aber doch noch ein paar Aufnahmen aus kürzerer Entfernung machen zu können.
Nick war ein wenig entspannter und nun konnten wir auch mal eines Traktors wegen anhalten, um ein Foto zu machen (na zumindest wegen eines Jabarus). Es gab wirklich eine Vielzahl von unterschiedlichen Greifvögeln, die sich wohl alle auf ihre eigene Nische von Kleintieren spezialisiert hatten. Die Reiher jagten am Kanal oder Flussrand oder auf den Feuchtgebieten, denn noch vor zwei Wochen war ein Großteil der Fläche überschwemmt. Die ganz cleveren folgten den Traktoren, um die von den Maschinen aufgestöberten Kleintiere aufzupicken. Große Saatmaschinen bestellten das Feld, es folgten Maschinen mit noch größeren Auslegern für den Dünger und die Pestizide. Eigentlich verwunderlich, dass sich in dieser Umgebung Jaguare aufhielten. Verwunderlich auch deswegen, da Jaguare, wenn sie Kühe rissen, was ab und zu vorkam, oder die Bauern Angst vor ihnen hatten, einfach erschossen wurden. Konsequenzen blieben in der Regel aus, da die Schützen immer glaubhaft behaupteten, sie hätten in Notwehr gehandelt. Dass ein Jaguar Menschen angreift, kommt so oft vor, wie ein Wolf in Deutschland Menschen verletzt.
Toma ging es auf der Rückfahrt zur Farm, nachdem wir den Jaguar gesehen hatten, nicht besonders gut. Wir schoben es auf die holprigen Straßen. (Manche auf die mentale Belastung der Begegnung auf dem Feld). Auf der Fahrt nach dem Frühstück wurde ihr nicht besser, trotz Tabletten und Akupressur. Sie legte sich schlafen, mit der Hoffnung danach wieder fit zu sein.
Der Rest des Tages, der Nachmittag und der Abend (zwei weitere Fahrten auf der Jag nach dem perfekten Bild eines Jaguars) verliefen ziemlich ähnlich, mit einer Ausbeute vieler Bilder von Vögeln, Capivaras, Füchsen, die es besonders viel in der Nacht zu sehen gab, Nandus, die die Beine unter dem Arm nahmen, sobald wir uns ihnen näherten, March-Wild, aber kein weiterer Jaguar. Da Toma nicht mit uns war, fuhren wir einen weiteren Weg durch das Sumpfgebiet, ein Vogelrevier gefüllt mit vielen Spezies in beeindruckender Zahl. Obwohl viele der Vögel, manchmal ganze Schwärme ausstoben, wenn wir die kritische Fluchtdistanz unterschritten hatten, gelang mir ein schönes Foto, wie ein Reiher einen Frosch fing, diesen an einem Bein hielt, in die Luft warf und verschlang.
Die Nachtfahrt, Toma hatte sich hingelegt und erleichtert, wurde heute spannender. Der Wind war abgeflaut, es war wärmer als am Vortag. Es war Selbstmörderwetter. Wir hatten die Fenster auf, um mit den Taschenlampen die Umgebung abzusuchen und durch die Fenster mit affenartiger Geschwindigkeit stürzten sich große schwarze Käfer. Zuerst traf es Nick, dann Jose, doch letztendlich wurde auch ich nicht verschont. Die Fiecher landeten zwei Volltreffer. Und das tat weh. Hinter mir im Auto brummte und summte es. Nach dem Aufprall wieder zu sich gekommen, schwirrten die Käfer benommen durch den SUV (und es waren derer viele, da ja nur einige einen Treffer landeten), wahrscheinlich mit der Hoffnung doch noch an die Quelle des Lichtstrahls zu kommen und als verwandelter Prinz weiterleben zu können. Füchse gab es wieder reichlich, auch eine Eule, Höhepunkt war aber ein Ameisenbär. Nick, in gewohnter Manier, sprintete aus dem Auto, ich hinterher, in der Hoffnung ein Foto zu machen. Nick erreichte den Ameisenbären, stellte sich ihm in den Weg, sodass dieser zurückwisch, worauf Nick sich wieder vor ihn stellte, wenn er die Richtung wechselte und sich entfernen wollte. Ein Manöver nicht ohne Risiko, denn der Bär hatte scharfe Krallen, die erhebliche Verletzungen bedeuten würden, falls der Bär Nick angriff. Im Licht der Taschenlampe machte ich dann einige Aufnahmen und wir ließen den armen Bär in Ruhe weiter nach Ameisen suchen.
Nach Nicks Worten hat Morgenstunde Gold im Munde und wir versuchten es am dritten Tag erneut, sehr früh am Morgen. Wir fuhren wieder an den Rand der Ranch, wo das Feuchtgebiet begann. Dort wuchsen viele Palmen auf denen die Blau-Gelben-Macaus in großen Scharen die Nacht verbrachten und dann am Tage zur Futtersuche aufbrachen. Die ganz neugieren Macaus sahen uns und machten einen Rundflug über uns und flogen wieder zurück auf ihre Palme. Mit großem Geschrei brachen dann alle auf und wir blieben zurück, in der Hoffnung einen Jaguar im Sumpf zu sehen. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Am Ende des Weges, wo der Fluss sich zum See weitete, hatten wir heute Glück und konnten Delfine sehen, rosarote Delfine, die nach Fischen jagten. Ein Foto davon zu machen, ist wohl nahezu unmöglich, denn es sind immer nur Bruchteile von Sekunden, in denen sie auftauchen und gleich wieder in den Fluss zurück plumpsen und niemand weiß, wo sie das nächste Mal auftauchen werden. Ohne Ergebnis zurück zum Frühstück.
Heute wollte es Nick noch einmal wissen und wir fuhren in Ecken, die wir noch nicht aufgesucht hatten. Wir sahen ganz, ganz frische Spuren von Jaguaren im feuchten Dreck und fuhren durch einen neuen Weg am Rande der Ranch, links und rechts unter uns der Sumpf mit unzähligen Vögeln. Ein wenig wie im Okavango. Ein Farmarbeiter berichtete uns, dass er vor 10 Minuten einen Jaguar über das Feld in den bewaldeten Uferstreifen gesehen hatte. Wir fuhren ein wenig enttäuscht zum Mittagessen.
Das Essen war wirklich prima. Da Nick selbst etwas für Vegetarier übrighatte, kam auch Toma auf ihre Kosten. Heute war es wieder, warm, um die Mittagszeit herum sogar heiß. Die ausgetrocknete Landschaft staubte, wenn das Auto darüberfuhr. Immer wenn wir anhielten, holte uns die Staubwolke ein und füllte den Wagen mit Staub. Mein neues Hemd – imprägniert und aus dichtem Material gegen Mückenstiche – war völlig eingestaubt (verdreckt). Den Fotoapparat säuberte ich jeden Tag. Ich traute mich auch nicht das Objektiv zu wechseln, damit der Sensor keinen Staub abbekam. Im Zelt war es noch einigermaßen sauber. Der Nachmittag brachte nichts Neues und so blieb nur noch die Nachtfahrt und morgen früh.
Heute Abend war Toma wieder mit an Bord und wir jagten ihr erst einmal ordentlich Angst ein, dass sie sich vor den Kamikaze – Käfern vorsehen muss. Doch heute waren die Käfer wieder verschwunden. Wir fuhren auch auf einer anderen Route, sahen gleich zu Beginn eine Eule und dann blitzten zwei Augen auf der rechten Seite ziemlich nah am Weg im Licht der Taschenlampe auf. Nick, der neben mir (hinten) saß und Toma seinen Platz vorne überlassen hatte, richtete seine Taschenlampe auf das Tier, ich die Kamera hinterher, klick, klick, klick und der Ozelot war im Kasten und das bei völliger Dunkelheit mit einer Blende von 6.3. Nach ein paar Sekunden gegenseitigen Betrachtens verschwand die Katze im Dickicht. Es folgte noch eine Begegnung mit einem Tapir, die eher spiritueller Art war. Ich sagte, da wäre etwas auf dem Feld, es war so vage, da in absoluter Dunkelheit und Zehntelsekunden Zeit bei einem Strahl der Taschenlampe der über das Feld gleitet. Jose und Nick schalteten sich ein und sahen einen Tapir, sprangen aus dem Wagen, um, ja um was? Wir hinterher, die Kamera schussbereit und wir sahen nichts. Auf dem Rückweg noch jede Menge Füchse und eine Eule. Doch der Tag war für mich noch nicht zu Ende. Heute war eine sternenklare Nacht und im Gegensatz zu gestern, wo ich schon ein paar Nachtaufnahmen gemacht hatte, waren heute keine Wolken am Himmel.
Hier weit weg von jeglichen Lichtquellen herrschten ideale Bedingungen für eine Aufnahme der Milchstraße, die sich einmalig schön präsentierte. Das Kreuz des Südens war in der Mitte des Nachthimmels (direkt in Richtung Süden). In Namibia, das in etwa auf dem gleichen Breitengrad liegt, haben wir es nie so schön und deutlich gesehen. Mit der Uhr prüfte ich die Himmelsrichtung und es lag genau im Süden. Also nur noch ein Bild machen und dann Schlafengehen.
Letzte Ausfahrt am Abreisetag. Aufbruch in der Dämmerung und wie üblich fahren wir die Stellen ab, wo die Wahrscheinlichkeit am größten ist, einen Jaguar zu sehen. Aber auch heute haben wir kein Glück. Wir haben mit Nick viel Zeit verbracht im Auto auf unseren Safaritouren und viel über Bolivien erfahren. So wird es einfacher und transparenter die Probleme zu verstehen, warum die Jaguare gefährdet sind, wie der Kampf zwischen Naturschutz und der Bergbauindustrie ausgetragen wird, welche konträre Interessen bei der Findung von Konzepten zur Erhaltung des Lebensraumes für Jaguare zu berücksichtigen sind. Es wird nicht einfach(er) werden auch in Zukunft einen Tigre zu begegnen, zu beobachten und sich an der schönen Großkatze zu erfreuen. Auf unserer letzten Ausfahrt trafen wir auf dem Grenzweg zum Sumpf viele Bauern aus Montero an, die hier ihre Zelte aufgeschlagen hatten und ein Auto mit Personen vom Distrikt, die zur Zählung dieser Personen gekommen waren. Werden die Sumpfgebiete Bestand haben? Wir werden es wohl nicht erfahren. Die Rückreise verlief problemlos. Im Hotel erwartete uns schon unser zurückgelassener Koffer, vor allem aber das Badezimmer, um uns von dem Schmutz der vergangenen 4 Tage sauber zu waschen. Ich erschrak als ich mich im Spiegel sah, so schmutzig war ich. Dem Bad folgte ein gründliches Reinigen aller Sachen, die nicht in der schmutzigen Wäsche verstaut wurden und der Technik, Fotoapparat, Laptop, im Prinzip alles, was wir mithatten. Abendessen in einem fancy veganem / vegetarischem Restaurant nicht weit von unserem Hotel entfernt. Sehr lecker und dann noch preiswert.
14.05.2023 12. Tag
Von Bolivien nach Brasilien
Wir verlassen Bolivien nach einem wunderschönen Urlaub und freuen uns auf Brasilien. Den ersten Flug haben wir hinter uns (wir sind in Sao Paulo), und beim Einchecken in Sao Paulo nach Rio de Janero stellten wir fest, dass unsere Koffer geöffnet wurden. Wir wanden uns an den Chef der Abfertigung und nach langem Hin-und-Her entschieden wir uns, es dabei zu belassen. Wahrscheinlich hatte der Zoll die Koffer geöffnet, ohne uns zu informieren. Die Kommunikation war unwahrscheinlich schwierig, da Englisch wirklich eine Fremdsprache war. Doch die heutigen Handys helfen, die Kommunikation wirklich zu ermöglichen, wenn mit Händen und Füßen nichts mehr geht.
In Rio wurden von Matthias am Flughafen empfangen. Matthias ist deutschstämmig, sehr groß, Mitte 50 und verdienst sich sein Geld als Reiseführer und Fahrer. Er brachte uns ins Hotel Windsor Palace (in Copacabana) einen Block vom Strand entfernt. Es war schon kurz vor 23 Uhr, als wir im Hotel eintrafen, trotzdem empfahl er uns (nach ausführlichen Sicherheitshinweisen), noch an den Strand zu gehen.
Wir folgten seinem Rat, liefen die knapp 100 Meter Richtung Atlantischem Ozean und waren nicht besonders impressed.
15.05.2023 13. Tag
Rio de Janeiro - 1. Tag in Brasilien
Nach einem üppigen Frühstück holte uns Matthias ab und wir fuhren zur Jesus Statue. Unser bolivianischer Reiseführer hat geschwärmt von Rio, als der schönsten Stadt der Welt. Wir tauchten heute ein und was als erstes auffiel, klar wir fuhren mit dem Auto, der recht hektische oder chaotische Fahrstil der Brasilianer. Es war warm in Rio, etwas über 20 Grad, Wolken am Himmel und auf dem Weg zur Talstation war mein erster Eindruck von der Stadt eher schmuddelig, obwohl es sich wohl eher um ein besseres Viertel handelte.
An der Talstation tauchten wir nun völlig in die Stadt ein, und lösten uns in der Masse der Menschen auf. Erwähnenswert ist noch, dass das Ticket zur Fahrt mit der Zahnradbahn zur Jesusstatue auf 930 Meter ü. N.N., zu einer 50%-igen Ermäßigung bei der Fahrt mit der Schweizer Jungfrauenjoch-Bahn berechtigt. Das ist wirklich ein Schnäppchen, denn die Preise für eine Fahrt zum Jungfrauenjoch sind gigantisch.
Während der 15-minütigen Fahrt hatten wir dann Zeit, uns im Wagen umzuschauen. Es waren vor allem brasilianische Touristen an Bord. Die Frauen jeden Alters sehr freizügig, figurbetont angezogen, wenn auch nicht immer eine Figur zu zeigen war, die Vorzüge, die Männer so interessieren könnten, wurden immer entsprechend betont, zur Schau gestellt. Dann waren da noch die Youtuber oder Instagramer, die sich in Pose warfen, um sich mit einem Selfie zu beglücken oder von einem Hilfsinfluenzier abgelichtet zu werden. Auch viele der Männer waren stylisch gekleidet, ich glaube aber nicht, dass sie etwas zur Schau zu stellen hatten, was die Frauen interessierte. Egal.
Oben angekommen ging es noch ein paar Stufen hinauf und wir waren in der Wolke. Die Wolken hingen tatsächlich ein wenig tief und die Statue war fast nicht zu sehen. Zogen die Wolken auf, zückten alle gleichzeitig ihre Handys und Tausende von Fotos wurden gemacht, die die Welt nicht braucht. Auch unsere waren dabei. Ab und zu fotografierte ich auch mal heimlich die Fotografen, besonders, wenn sie hübsch waren. Die hübscheste Frau war jedoch zweifelsohne – groß gewachsen, schwarzhaarig, mit super Figur, langem Kleid, schönem üppigen Dekolleté ein Divers. Fast nicht zu erkennen, und ich glaube auch nur wenige haben es bemerkt, wie es (Divers) mit zwei Männer vom anderen Ufer (gleichgeschlechtlich liebend) begleitet in der Menge schwamm. Der Bart war weggeschminkt und nur die kräftigen Hände, die künstliche Haarverlängerung und das gewisse Etwas ließen es erahnen. Die obere Plattform war komplett gefüllt mit Menschen, und ein bisschen wünschte ich mir das menschenleere Jaguarland zurück. Die Hubschrauber umkreisten im Nebel die Statue, manchmal hörte man sie nur. Die Sicht war nicht perfekt, das Licht am späten Vormittag natürlich auch nicht, sodass die Kapuzineraffen in den Bäumen hinter der Brüstung eine willkommene Abwechslung zum Fotografieren waren. Sie wurden standesgemäß von den Touristen mit Bananen gefüttert. Nachdem wir die Hand Jesus auf unserem Kopf gespürt hatten, kehrten wir ruhigen Gewissens und hoffentlich aller begangener Sünden vergeben mit der Zahnradbahn zurück. Matthias setzte uns vor einem großen poschen Einkaufszentrum ab, das Toma dem botanischen Garten vorgezogen hatte. Es war ein modernes Gebäude, das sauberste und perfekt fertiggestellte, was wir soweit gesehen hatten, in dem sich eine Sammlung vieler Markenläden befand, die ich so gut wie nicht kannte, manche Markennamen aber schön mal gehört hatte. Wir wollten eigentlich nach Mitbringsel schauen, aber das war definitiv nicht der Ort dafür. Auf der obersten Etage befanden sich die gastronomischen Einrichtungen. Ja, Mittagessen war auch ein Entscheidungskriterium für die Mall und gegen den Garten.
Wir wählten das Restaurant Viena, logisch halt was Deutsches. Es war das Konzept der Kilorestaurants. Man bekommt einen Teller, packt vom Buffet alles darauf, was man essen will, der Teller wird gewogen und man bezahlt nach Gewicht. Es gab sehr leckere Sachen. Wirklich. Vom Top des Restaurants konnte man direkt auf den Berg schauen und die Jesusstaue sehen, die wir gerade besichtigt hatten. Wir genossen das Mittagessen. Mit dem Taxi ging es zurück ins Hotel, was ganz problemlos funktionierte.
Am späten Nachmittag wollte Toma dann im Atlantik baden gehen. Also gingen wir einen Block weiter und an den Strand. Es war windig, die Sonne schien, die Wellen waren ziemlich hoch in Strandnähe, obwohl das Meer ruhig dalag. Ganz vereinzelt waren Menschen im Wasser. Tomas Entscheidung kippte und wir machten stattdessen einen Strandspaziergang. Es gab schon Einiges zu sehen, doch der Gentlemen schweigt und genoss. (Naja, ob es immer genussvoll war, darüber lässt sich bestimmt streiten.)
Abendbrot wieder in einem Kilorestaurant, mit einem etwas schlechteren Buffet als in der Mall. Auf dem Rückweg kauften wir Früchte und gingen noch einmal zum Strand. Wenn am Nachmittag fast kaum Menschen am Strand waren, sie hielten sich wohl die Waage mit den Verkäufern, wenn niemand auf den Volleyballnetzen oder Fußballtoren zu sehen war, so trafen wir jetzt am Abend am Strand der Copacabana auf viel mehr Menschen, die bei Flutlicht ihrem Vergnügen nachgingen. Auf der Promenade wimmelte es nur so von Verkäufern, die ihre Waren auf dem Asphalt ausgelegt hatten. Das Leben brodelte. Fußball im Beachvolleyballfeld war voll in. Unser Bild von Rio wurde aufpoliert. Als wir an zwei Schachbrettern vorbeikamen und einem Brasilianer dahinterstehend, der sich offensichtlich langweilte, fragte ich, ob er um Geld spielt. Er meinte, es könne ein freiwilliger Beitrag sein, was mir so gefällt. Ich ließ mich auf den Deal ein und wir zockten (5 Minutenblitz) drei Partien. Die ersten beiden gewann ich und bot ihm dann in der 3. Partie, in einer für ihn aussichtloser Stellung ein Remis an, bezahlte ihm noch einen Kaffee und hatte meinen Spaß für heute Abend.
Meins ist es nicht, Rio. Wunderschöne Gegend, Klasse-Natur ringsherum, breiter schöner Strand aber direkt vor den Häuserfronten, was mich an Dubai erinnerte, die laute, abgaslastige Straße vor/neben der Strandpromenade, überall Straßenhandel, oft viel unnützes Zeug, Polizei hoch bewaffnet präsent, (weil wahrscheinlich jeder Zeit etwas passieren kann), die Gehwege kaputt, das Hotel wird abends abgeschlossen, obwohl bestimmt 3 Hotelmitarbeiter in der Lobby stehen, ich weiß nicht, da ziehe ich mir einen Strand auf den Malediven vor.