Tibet - Legende und Wirklichkeit

 

Alle Bilder auf einen Blick (Diashow) ohne Text

Reise nach Tibet vom 8. Mai bis 2. Juni 2013

Wenn man heute nach Tibet fährt, dann macht man dies bestimmt nicht, um eine der vielen modernen chinesischen Städte, wie Lhasa anzuschauen.

Man fährt nicht zum Shoppen in den Himalaja auf eine Höhe von 3600 Meter über den Meeresspiegel, wo jeder dritte Tourist Probleme mit der Höhe hat.

Lhasa erreichen wir mit der Hoffnung wieder neue, starke Eindrücke zu sammeln, etwas zu sehen, zu erleben, was sich in unser Gedächtnis einbrennt, die Alltäglichkeit verscheucht und für gut drei Wochen vergessen lässt.

Was kann das sein?

Sind es die im Reiseführer angekündigten und in grellen Farben beschriebenen Sehenswürdigkeiten, Feste und Traditionen. Ist es ein Volk, das anders ist als wir in Mitteleuropa. Sind es die von Film und Fernsehen vermittelten Bilder von gläubigen Tibeter, die nicht mehr frei in ihrer Heimat leben können?

Für uns war es das Buch von Harrer "7 Jahre Tibet" und der gleichnamige Film, der einerseits unsere Erwartungen geprägt , uns eingestimmt und neugierig gemacht haben, aber auch, wenn vielleicht nicht gewollt, bereits den Blickwinkel auf das Land vorgaben.

Tibet war auch nicht völlig neu, denn die Nachbarstaaten, Nepal, Bhutan und Indien hatten wir schon bereist. Doch das war auch vor etwa 60-70 Jahren so, dass man vieles über diese Länder wusste, aber Tibet ein verschlossener, geheimnisumwitterter Fleck Erde war, den nur wenige Reisende vom eigenen Erleben kannten.

Saga Dawa Fest in Darchen

Das ist auch heute noch so, wenn man die unzähligen Millionen Touristen aus China in der Statistik nicht berücksichtigt.

Doch es werden mit jedem Jahr mehr, obwohl es in manchen Zeiten auch schwierig ist, ein Visum zu erhalten, Individual- Tourismus immer noch die absolute Ausnahme darstellt und viele Besucher entweder nur Lhasa und Umgebung besuchen oder andere nur die Kailashumrundung als Programm buchen (Besonders die Inder, die den Berg vergöttern.).

 

Nur um den Alltag, die Gegenwart zu vergessen, braucht man nicht 16 Stunden zu fliegen. Wir wollten auch "exotische" Menschen treffen und fotografieren, einen neuen Höhenrekord aufstellen, einen oder besser den heiligsten Berg der Welt umrunden, unsere Sünden damit abwaschen, den Himalaja vom Norden beäugen und vielleicht ein wenig die Romantik und Fremde nacherleben, die wir über Tibet gelesen, gesehen, gehört hatten.

 

Da ich weiß, dass die Fotos in diesem Buch dies beweisen werden, dass alle unsere Wünsche in Erfüllung gingen, muss ich trotzdem gestehen, dass vieles jedoch anders war, als wir uns es vorgestellt hatten.

Und ich bin mir sicher, dass jeder, der heute mit offenen Augen durch Tibet reist, bestimmt ähnliche Erfahrungen machen wird wie wir. Das Buch ist unsere Momentaufnahme von Tibet im Mai 2013. Es ist der Blick durch die Kamera, eine Auswahl von 10.000 Aufnahmen.

Es ist kein vollständiges Bild, da Aldi die Seiten in dem Fotobuch auf 156 begrenzt hat. Doch auch alle Bilder hätten nur ein Ausschnitt des Lebens in Tibet widerspiegeln können.

Tibet polarisiert. Tibet polarisiert bevor man überhaupt dort ankommt. Zum Glück waren wir nur zu Dritt unterwegs, Berthold, Toma und ich. Wir mussten also keine politischen Diskussionen befürchten. Interessant war in diesem Zusammenhang, dass unser Reiseleiter, Penpa, uns als allererstes nach der Ankunft instruierte, keine politischen Themen anzuschneiden und keine Polizisten und Armeeangehörige zu fotografieren. Wir hielten uns daran, so gut es ging. Leider liefen sie manchmal ins Bild. Ich möchte nicht polarisieren. Aber ein wenig zum Nachdenken soll das Buch anregen.

Diese Pilgerin sitzt vor einem riesigen Plakat im Zentrum Lhasa und erholt sich von den anstrengenden Koras, die sie heute absolviert hat. Hier treffen traditionelles und modernes Tibet aufeinander. Hier trifft Tibet auf China. Und das ist es, was polarisiert.

Chinesische Touristen und ihr Motiv auf dem unteren Bild eine tibetische Nomadin in einer Lodge am Manasarowar See

Chinesen und Tibeter sind zum heiligen See gekommen, die einen als Pilger, die anderen als Touristen. Die Bildunterschrift hätte auch lauten können, die Kolonialherren fotografieren die unterdrückten Völker. Hätte ich mich dann nicht fragen müssen, was ich tue? Ist das nicht zu schwarz weiß?

 

Wir waren wegen ihm hier, dem Kailash Khang Ringpoche, das heißt "kostbarer Schneeberg, dem heiligsten aller Berge. Wir wollten ihn umrunden und noch einmal, wie schon in Nepal, den hohen Bergen des Himalaja ganz nah sein. Die Tibeter betrachten den Kailash als Manifestation des Gautama Buddha. Zusammen mit den umgebenden Gipfeln, die weitere Buddhas repräsentieren, bildet er ein natürliches Mandala - einen heiligen Kreis. Auf dem Bild sieht man ihn von der Südseite, von der Straße, die nach Darchen führt.

Eine Umrundung des Berges (tibetisch Kora) auf dem ca. 53 km langen Weg, der über den 5636 Meter hohen Drölma La (tibetisch „Pass der (Göttin) Tara“) führt, ist die wichtigste Pilgerreise für Anhänger verschiedener Religionen. Die Richtung der Umrundung erfolgt in Abhängigkeit von der Religionszugehörigkeit (Buddhisten, Hindus und im Uhrzeigersinn, Anhänger des Bön gegen den Uhrzeigersinn). Nach der 13. Umrundung des Kailash bekommt man Zutritt zur inneren Kora. Das erstrebenswerte Ziel jedes Buddhisten sei es, den Kailash 108-mal zu umrunden. Wer dies schafft, der erlangt nach buddhistischer Lehre die unmittelbare Erleuchtung. Im Monat Mai, zum Saga Dawa Fest, dem Monat wo Buddha geboren wurde und starb, zählt die Kora ein Vielfaches. Aber auf 108 sind wir nicht gekommen.

Der Manasarowar See

auf einer Höhe von 4590 Metern gelegen. Die Tibeter nennen ihn Tso Rinpotsche, " Der kostbare See" oder Tso Mapham, Mapam Yu Tso, "Der unbesiegte See".

Der See wird "unbesiegbar" bzw. "unübertroffen" genannt, weil nur sein Wasser die "Acht Eigenschaften perfekten Wassers" besitzen soll: kühl, süß, leicht, weich, klar, rein, weder Magen noch Hals reizend.

Der Manasarovar-See ist das nicht trennbare Gegenstück zum Kailash, wie die Bön-Pos sagen. Sie sind "Vater und Mutter der Welt"; der eine ist ohne den anderen nicht vorstellbar.

Im hinduistischen Epos Ramayana heißt es:

»Wann immer einer den Boden um den Manasarovar berührt oder wenn er in dem See badet, so wird er ins Paradies des Brahma eingehen; und der, der von seinen Wassern trinkt, wird in Shivas Himmel eingehen und wird von den Sünden von hundert Wiedergeburten erlöst werden.«

Drei Religionen, der Buddhisnmus, der Hinduismus und die die Anhänger des Bön-Pos teilen sich die heiligen Stätten, den See und den Berg.

Sonnenaufgang am Manasarowar See mit Blick auf den Kailash von Süden

Der See war weitgehend mit Eis bedeckt. 

Nur am Ufer gab es eine eisfreie Zone.

Nomadin im Festgewand pilgert um den See

Unser Wirt am Manasarovar-See

Glaube versetzt Berge. Zwei Beispiele von Pilgern, die den Kailash umrunden, während einer Pause. Die alte Frau auf dem oberen Bild übernachtet auf einer Höhe von über 5000 Metern in einem Zelt, während wir in den gemauerten Unterkünften schliefen. Sie wird morgen mit uns zum Pass aufbrechen, auf fast 5700 Meter. Hier ist der Sauerstoffgehalt der Luft nur noch die Hälfte wie auf Meereshöhe. Es atmet sich schwer. Doch selbst während sie sich im Zelt von der Tagesetappe ausruht, dreht sie die Gebetsmühle weiter.

Der Mann macht eine Pause kurz vor dem Pass. Wir mussten unsere ganzen Kräfte mobilisieren, um den Anstieg zu bewältigen.
 

Oben ist der vollständige Ablauf einer Niederwerfung zu sehen. Die Pilgerin ist noch am Anfang der Kora, auf der Westseite des Kailashs. Schnee oder Flussüberquerungen werden ebenso mit Niederwerfungen durchquert. Je größer die Beschwernisse, desto größer die Verdienste, die erworben werden.

Der Pilger auf den Bildern hat den höchsten Punkt der Kora, den Dolma La Pass erreicht.

Rechts ist eine junge Familie schon auf dem letzten Stück des Weges auf der Ostseite angekommen. Für die 53 km lange Kora um den Kailash benötigen die Pilger etwa zwei Wochen, wenn sie den ganzen Weg mit Niederwerfungen zurücklegen. Es ist sehr kräftezehrend und deswegen wird dies meist nur von jungen Menschen bewältigt.

Der Kailash von der Nordseite. Fotografiert von unserem ersten Nachtlager.

Auch wir haben es geschafft. Nach etwa 4 Stunden anstrengendem aber genussvollen Aufstiegs, den wir kurz nach dem Sonnenaufgang begannen, haben wir den 5636 Meter hohen Pass erreicht. Wir hatten mehrere Schneefelder zu überqueren, sahen wie die aufgehende Sonne den Kailash liebkoste, wie Pilger am Rande des Weges schliefen, ganze Familien gemeinsam die Kora gingen. Am Pass befestigen wir unsere Gebetsfahnen, Toma schrieb einen Wunsch darauf, und wir machten das obligatorische Foto.

Die Tibeter rufen "So-so-so, Lha Gyalo!" (Sieg den Gottheiten) Sie bringen Tsampa mit und werfen es in die Luft um ihr Glück zu beschwören. Die Vögel fressen die geopferte Gerste (Tsampa) dann auf.

Pilger befestigenan an den heiligen Orten nicht nur Gebetsfahnen, bauen Steinhaufen, sie hinterlassen auch persönliche Sachen, wie Hüte, Mützen, Schuhe und andere Kleidungsstück. Einige opfern sogar Haare oder einige Tropfen ihres Blutes, was als Zeichen der Sühne für Verfehlungen gilt, die mit der Umrundung des Kailashs reingewaschen werden sollen.

Pilgerin mit Kleinkind erholt sich auf dem Pass vom Aufstieg

Pilger überqueren ein Schneefeld beim Abstieg vom Pass

Die Landschaft des Transhima-laja Gebirge ist nicht nur heilig, sie ist auch eine faszinierende hochalpine Ge-birgslandschaft.

Blick vom Dolma La in Richtung Abstieg

Panorama vom Pass Dolma La

 

Das Saga-Dawa-Fest

ist das wohl bedeutendste Fest in Tibet. Der Saga-Dawa Tag ist der heiligste Tag im Land, denn gleich drei bedeutende Ereignisse sind zu feiern: Die Geburt des historischen Buddhas, - Siddhartha Gautama, auch Buddha Shakyamuni genannt -, dessen Tod sowie seine Erleuchtung, der Eintritt ins Nirwana. Nach der tibetischen Zeitrechnung findet das Ereignis am 15. Tag des 4. Monats statt, was bei uns der 25. Mai 2013 war.

Bei diesem Fest wird Buddha in Form eines bestimmten Rituals angebetet. Rundgänge um den inneren Kreis – das Shianglang -, den mittleren Kreis sowie den äußeren Kreis sind bei diesen Gebeten obligatorisch. Die gesamte Zeremonie dauert den kompletten vierten Monat. Alljährlich wird die Tarbucher Fahnenstange erneut errichtet. Es handelt sich dabei um einen Mast, der sich vor dem Heiligen Kailash Berg befindet.

In luftiger Höhe werden die Gebetsfahnen am Mast befestigt.

Menschen aus allen Teilen Tibets kommen, um ihre von weit her mitgebrachten Gebetsfahnen dort am Fahnenmast anzubringen, den Mast zu umringen, zu beten sowie die riesige Stange gemeinsam zu errichten. Nur wenn die Fahnenstange exakt senkrecht steht, laufen die Dinge für Tibet gut. Der Lama des in der Nähe befindlichen Klosters leitete früher die gesamte Zeremonie. Heute ist es ein Zeremonienmeister. Um den Mast ist ein großer Kreis von Armee und Polizei abgesperrt, in dessen Inneres nur ausgesuchte mit Armbinden ausgewiesene Ordner Zutritt. haben. Der Mast wird heute mit Hilfe eines Lastwagens aufgerichtet. Das Anbringen der Gebetsfahnen geschieht aber noch in luftiger Höhe per Hand.

Die vorjährigen Gebetsfahnen werden abgenommen und auf große Haufen gelegt. Sie werden gern von Pilgern wieder mitgenommen, da sie heilende Kräfte besitzen sollen. So werden sie Yaks oder Kühen auf den Rücken gebunden, wenn diese gesundheitliche Probleme haben. Solch beflaggte Tiere haben wir des öfteren gesehen, ohne dass wir uns etwas dabei gedacht hatten.

 

Nachdem der Mast errichtet wurde, war es dann auch den Mönchen gestattet, ihn unter Aufsicht zu segnen. Unter den Klängen tibetischer Musik, gespielt auf den traditionellen Instrumenten, den Muscheln (Dung Kar), der Riesentrompete (Dung Chen), den immer als Paar gespielten Gya-Gling als Blasinstrumente und der Doppeltrommel, wurden vor dem aufgerichteten Masten Gebete verlesen. Es war ein etwas seltsames Bild, die kleine Schar der Mönche in der Mitte des riesigen menschenleeren Platzes, abgesperrt durch ein rotes Band und Polizei von den Pilgern, die sich nach dem Aufrichten des Mastes schon zum Gehen wandten, hielten ihre traditionellen tibetischen Gebete ab. Am Ende der Zeremonie waren mehr Touristen als gläubige Tibeter anwesend. Letztere waren zurück nach Darchen aufgebrochen

Zum Abschluss des Saga Dawa Festes warfen die Tibeter Tsampamehl in die Luft. Dabei stellen sie sich in einer Reihe auf, nehmen das Mehl in die ausgestreckte rechte Hand und auf Kommando bewegen sie die Hände auf und ab. Dabei wird gesungen und wenn der anschwellende Gesang seinen Höhepunkt erreicht, wird das Mehl in die Luft  geschleudert.

Wenn dann noch Polizisten oder Armisten in der Nähe stehen, dann scheint es ihnen besonderen Spaß zu machen, sie einzustauben. Meine Kamera war auch mit weißem Puder bedeckt. Ich hatte mich zu nah herangewagt.

Meistens waren dies Pilgergruppen, die gemeinsam zum Fest angereist waren. Wir sahen unterwegs viele Motorradkolonnen, die das Fest besucht hatten. Der Besuch der religösen Festlichkeiten ist der Urlaub der Tibeter.

Ein Armeefotograf dokumentiert die Festlichkeit in Bild und Film. Auf Sicherheit wurde großer Wert gelegt. So mussten wir durch Metalldektoren gehen, bevor wir auf das Festivalareal gelassen wurden und überall standen Brandposten mit Feuerlöschern bereit einzugreifen. (U.a. wegen vorkommenden Selbstverbrennungen protestierender Tibeter, aber auch wegen des Funkenfluges aus dem heiligen Ofen.)

Buddha Bilder werden in die Luft geschmissen.Im Hintergrund marschiert Armee auf.

Ein klein wenig abseits von der Zeremonie hatten die Mönche ihr Lager aufgeschlagen. Der Ringpoche segnete die Pilger mit einer an einem Stab befestigten Glocke und hatte dabei sichtlich Spaß, manchmal auch kräftig auf den Kopf zu hauen und die Gesegneten jammern zu sehen

Pilger prozessieren die Niederwerfung vor dem Kailash und dem Polizisten

Die einzigartige traditionelle Lebensweise der Tibeter spiegelt sich zutiefst in ihrem Tanz wider. Das vielleicht charakteristischste Merkmal dieses Tanzstils ist die Neigung des Körpers nach vorne, begleitet von einer unaufhörlich federnden Bewegung, die aus den Knien kommt. Dieser Rhythmus begleitet fast jede Bewegung und stammt aus der Alltags-gewohnheit, Wasser über weite Strecken zu tragen, und zwar von den Bergflüssen in ihre Häuser.

 

Der tibetische Tanz hat auch die einzigartige Eigenschaft, dass Arm und Bein oft auf einer Seite gleichzeitig ausgestreckt werden und nicht wie bei der wechselseitigen Art des Gehens. Dies greift auch zurück auf die Schwierigkeiten der heim-tückischen Klettereien im Himalaya – um effizienter auf schrägen Gebirgswegen vorwärts zu kommen, tragen die Tibeter ihre Last auf einer Seite des Körpers, wodurch sie auf ihren täglichen Reisen Energie sparen.

 

Die tibetischen Tänze, besonders die der Männer, sind für ihre energetische Anwendung der Techniken bekannt.

 

Das konnte man auf der Festwiese nicht beobachten. Hier ging es eher gemütlich zu, wobei manche recht laut dazu sangen. Aber hier waren ja auch keine Profitänzer am Werk und sie tanzten für sich selbst, nicht für die Touristen oder Zuschauer.

Nomaden

Auszüge aus dem Artikel "Nomaden ohne Weide" von Andreas Gruschke

Auf dem Dach der Welt werden die Nomaden Drokpa genannt. Dieses tibetische Wort setzt sich zusammen aus ’brog und pa, wobei ´brog „Einsamkeit, Wildnis“ bedeutet, im landwirtschaftlichen Sinne unkultiviertes Land, besonders aber Sommerweide für Vieh in den Bergen. Ein ´brog pa ist dementsprechend ein „Mann oder Mensch der Einsamkeit oder Wildnis“. Er lebt in landwirtschaftlich nicht nutzbaren Gebieten - das bedeutet auf reinen Weideflächen der Hochland- und Gebirgssteppe. Droksa (´brog sa) bedeutete demgemäß zum einen Weideland und zum anderen Menschen, die darin leben, die sog. Drokmi (´brog mi): Bewohner der Steppe, also nomadische Tibeter.

Bei der für die tibetischen Nomaden relevanten (Wander-) Weidewirtschaft wird das Vieh das Jahr über oder einen Teil des Jahres auf Saisonweiden gehalten. Der Besitzer des Viehs und seine Familie begleiten die Herde dabei von einer Saisonweide auf die andere, weshalb sie häufig in den großen, aus Yakhaar gewebten schwarzbraunen Zelten wohnen. (Siehe Bild auf der nächsten Doppelseite)

Für die Tierhaltung sind selbstverständlich die natürlichen Rahmen-bedingungen ein wesentlicher limitierender Faktor. Tibet als ein weitläufiges Hochland, das sich auf einer Höhe von durchschnittlich 4500-5000 Metern erstreckt, wird von gewaltigen Gebirgsketten wie Himalaja, Pamir und Kunlun Shan eingerahmt. Im Herzen dehnt sich der Changthang aus, eine Hochlandsteppenregion nicht gekannten Ausmaßes. Es ist diese Situation – Höhenlage, niedere Breiten, Abschirmung durch die Randgebirge – die das Klima bestimmt. Im trockenen Kontinentalklima Tibets, das insgesamt als regen- und schneearm bezeichnet werden muss, fällt der größte Teil des Niederschlags im Sommer

Trotz großer Kälte im Winter gibt es oft keine geschlossenen Schneeflächen. Die Dauerschneegrenze liegt im zentralen Hochland bei 6400 Metern Höhe. Dieses Klima lässt in den höheren Regionen Tibets die Viehzucht als einzige Wirtschaftsweise zu. Für Ackerbau sind die Vegetationszeit zu kurz und die Niederschläge zu gering. Das Klima variiert von extremer Trockenheit im Westen und Nordwesten bis hin zu größerer Feuchtigkeit im Osten. Auch die Temperaturverhältnisse sind sehr unterschiedlich. Das führt dazu, dass die tibetischen Nomaden je nach Region verschiedene Nutztiere in unterschiedlichem Ausmaß halten: Schafe, Yaks und Ziegen. Diese Tiere sind alle an die große Höhe gewöhnt und an die Kälte angepasst. Das Pferd, das wir gemeinhin ebenfalls mit Nomaden, vor allem den berühmten mongolischen Reiterkriegern, verbinden, ist in Tibet ein reiner Luxus-Artikel. Inzwischen wird es ohnehin zunehmend durch das Motorrad ersetzt.

Yak, Schaf und Ziege werden auf vielfältige Weise genutzt. Sie werden gemolken, und die Milch verarbeitet man zu Joghurt, Butter und teilweise auch zu Käse. In der kalten Jahreszeit ist der Milchertrag deutlich geringer, daher muss Fleisch die entstehenden Defizite in der Ernährung ausgleichen. In den meisten Regionen Tibets war ein Überleben ohne Fleisch auf Dauer nicht möglich. Nicht zuletzt deshalb unterscheiden sich die buddhistischen Mönche in Tibet von jenen anderer Regionen, insbesondere in Ost-, Süd- und Südostasien dadurch, dass sie regelmäßig – und zuweilen durchaus viel – Fleisch essen. Schlachtungen finden in der Regel einmal am Anfang des Winters statt, da die Tiere am Ende des Herbstes ihr Maximalgewicht erreichen. Über den Winter verlieren sie zu viel an Gewicht.

Mit Milchprodukten und Fleisch sind die Nutzungsmöglichkeiten der Tierhalter natürlich noch nicht erschöpft. Wolle, Haare und Häute gehören traditionell zu den primären Handelsgütern der Nomaden. In den brennholzarmen Gebieten der Hochlandsteppen spielt auch der Dung der Tiere eine große Rolle. Er wird zum Feuermachen verwendet. Die Haare der Yaks verarbeitet man zu dem dicken, dunkelbraunen Stoff, aus dem die Nomadenzelte, die „Ba“, bestehen. Auch Säcke und Stricke werden aus verwobenen Yakhaaren hergestellt. Von den Ziegen- oder Schaffellen nähen die Nomaden zudem ihre großen, langen Mäntel, die mit dem Fell nach innen getragen werden.

Die Zwangsmaßnahmen der Kommunisierung sind gescheitert und wurden aufgegeben. Dass wir heutzutage wieder über tibetische Nomaden sprechen ist letztlich ein Zeichen dafür, dass sich ihre Tradition nicht nur als sehr stark erwiesen, sondern der Staat es auch – in gewissen Grenzen – zugelassen hat, dass die Tradition wieder aufgenommen wurde.

1981 hat man die Volkskommunen aufgelöst, das Vieh erneut verteilt. Durch die Reform- und Öffnungspolitik wurde der einzelne Haushalt wieder zur eigenen Wirtschaftseinheit. Ihm gehört das Vieh, alle Entscheidungen diesbezüglich fällt das Familienoberhaupt. Der Lebensstandard hat sich gegenüber der Volkskommunen-Zeit deutlich verbessert, nachdem Peking für längere Zeit verfügt hatte, dass tibetische Bauern und Hirten von Steuern oder Abgaben befreit wurden.

 

Gleichzeitig trat aber wieder eine soziale Differenzierung ein. Neben sehr erfolgreichen Haushalten gibt es solche, die durch verschiedenste Arbeiten etwas dazu verdienen müssen. Gleichzeitige Verbesserungen in der Infrastruktur führten nicht nur dazu, dass nun Menschen aus anderen Teilen der Volksrepublik, Han-Chinesen und Hui-Muslime, leichter in die Nomadengebiete vordringen konnten.

Durch Infrastrukturmaßnahmen hatten aber auch die Hirten kürzere Wege und besseren Anschluss an den Wirtschaftsraum der Städte. Theo-retisch bekamen sie somit bessere Vermarktungschancen.

Aus touristischer Perspektive sind Drokpas heute diejenigen Tibeter, die mit ihren Tieren – für den fremden Reisenden vorzugsweise Yaks – durch die Hochlandsteppen des Schnee-landes ziehen und photogen in ihren schwarzbraunen, aus Yakhaar gewobenen Zelten leben.

Der Fremde wird gastfreundlich ins Zelt gebeten. Dort wird ihm nach alter Sitte jener Buttertee vorgesetzt, den der Tourist grundsätzlich für ranzig hält, ihn daher eher stehen lässt. Die Kamera zielt auf das Zeltinventar, die staunenden Kinder, insbesondere jenes mit nacktem Unterteil, um sie zu knipsen. So muss Nomadenleben sein. In einem Haus zu leben, kommt da wohl kaum in Frage, widerspricht es doch der Freiheitssehnsucht des Hirten auf dem Dach der Welt?

Zumindest sieht es so der gemeine Tourist. Deshalb auch seine Empfehlung, ausgesprochen oder nicht: Nomade, bleib bei deinen Zelten. Die weniger idyllische Realität dieses „beruflichen Dauer-Campings“ nimmt der Tourist nicht wahr. Selbst wenn er einen sommerlichen Schneeschauer im Changthang oder auf den Hochflächen der Fünftausender-Pässe mitbekommen sollte, ist das doch noch fern vom harten Lebens, das tibetische Nomaden in langen und bitterkalten Wintermonaten ertragen. Wer dies einmal erlebt hat, der kann sich schon bedeutend besser vorstellen, dass auch Nomaden – trotz des ihnen nicht zu Unrecht unterstellten Freiheitsdrangs – sich ohne weiteres auch aus eigenem Antrieb niederlassen, feste Häuser bauen und sich diese für ein „schöneres Wohnen“ einrichten.

Nomaden- Pilger zum Saga Dawa Festival übernachten im Freien vor einem Restaurant in Darchen

Und frühstücken auch im Freien

Nicht nur aus der Sicht westlicher Touristen ist der Blick auf das (ehedem) freie Nomadenleben romantisch verklärt, sondern seit altersher auch aus derjenigen der tibetischen Bauern. Bei ihnen genoss das Dasein als Drokpa ein hohes Prestige und genießt es noch. Das liegt wohl daran, dass nur reiche Familien sich den Übergang zur Tierhaltung leisten können. Gleichwohl muss jedem klar sein, dass der nomadische Alltag aus harter Arbeit besteht. Beim Hüten der Tiere ist man den ganzen Tag dem Wetter ausgesetzt und hat nur wenig zum Essen dabei. Die in den letzten Jahren im Ausland beklagte Einzäunung von Weiden wird von den meisten Nomaden selbst eher positiv bewertet, da die Hirtenarbeit so erheblich vereinfacht wird.

Hier zieht eine Nomadenfamilie mit ihren Tieren um. Unten die Frau.

Die saisonale Wanderung, die Verlagerung des Lagerplatzes zu neuen Weidegebieten gehört zum gewöhnlichen Lebensalltag. Dabei dreht es sich keineswegs um mehr oder weniger ungeordnete oder gar zufällige Wanderungen. Jeder Familie waren und sind bestimmte Weidegebiete zugewiesen, zu denen - je nach den natürlichen Verhältnissen - Winter-, Frühjahrs-, Sommer- und Herbstweiden gehören. Früher geschah diese Zuweisung durch die Stammesältesten, heutzutage jedoch durch die Gemeinde (xiang) bzw. den Dorfchef, der sich mit den Dorfältesten berät. Die Gemeinde als politische Institution entspricht von der Ausdehnung her in etwa früheren Stammes- oder Klan-Gebieten, daher scheint auch die Zufriedenheit mit diesem „gemeindebezogenen Ressourcenmanagement“ zu rühren.

Seit alter Zeit besitzt jede Nomadenfamilie eine Art „Basislager“, wo sie ihr Winterlager, zuweilen aber auch Frühjahr- und Sommerlager hat.

Im Herbst zieht jede Familie einzeln, mit Verwandten oder befreundeten Familien in kleinen Zeltgruppen auf ihre Herbstweide, wo sich die Tiere das nötige Fett für den Winter anfressen können. Wenn die Herbstweide erschöpft ist, kehrt man mit Schafen und Ziegen ins „Basislager“ zurück, während die Yaks bis zum Frühling in höher gelegenen Regionen bleiben. Dort bleiben auch die Hirten zurück, um die Tiere nicht allein zu lassen.

Manche Nomadenfamilien, vor allem in Westtibet, ziehen es vor, das ganze Jahr über an einem Ort zu wohnen.

Es ist kaum zu bestreiten, dass der traditionelle Lebensstil der tibetischen Nomaden die erfolgreiche Anpassung an die Umweltbedingungen in einem der unwirtlichsten Landstriche der Erde ist. Eine solche mobile Weidewirtschaft als nachhaltige Nutzung der weiten Steppenlandschaften des Hochlandes wäre auch durch Deutsche, Franzosen, Han-Chinesen oder Amerikaner entwickelt worden, wären sie statt der Tibeter ins Schneeland hineingeboren worden. Die nomadische Kultur erwies sich dementsprechend auch als sehr widerstandsfähig.

Die Experten sind sich darüber einig, dass sich die Qualität des Graslands auch aus klimatischen Gründen ständig verschlechtert. Seit den 1970er Jahren sind die als Weiden nutzbaren Steppen um etwa 25 Prozent zurückgegangen. Die Bejagung von einheimischen Raubtieren (Wölfe, Füchse) haben zudem die natürliche Dezimierung von Kleintieren wie Pfeifhasen beeinträchtigt, die die Regeneration des Graslandes so zusätzlich erschweren. Verschärft wird die Weidekonkurrenz noch dadurch, dass klassische nomadische Handlungsweisen auf moderne Wirtschaftstaktiken stoßen. Noch immer legen Haushalte in traditioneller Weise Wert darauf, möglichst große Herden zu besitzen, ohne Tiere zu verkaufen. Sie glauben nicht, dass es so etwas wie „zu viele Tiere“ gibt. Viele Tiere bezeugen Wohlstand und gelten als Absicherung für schlechte Jahre – die sich erwiesenermaßen häufen.

Andere vergrößern ihre Herden, um für den städtischen Markt zu produzieren. Wieder andere halten sich nur die nötigen Tiere für den Eigenbedarf, während die meisten Hirten ihr Geldeinkommen inzwischen über das schon als selbstverständlich zum Nomadenleben gehörende Sammeln von auf dem chinesischen Markt begehrten Heilpflanzen beziehen. All dies verschärft den Druck auf die Steppenlandschaft und macht deutlich, dass hier auch für die Nomaden unbedingt neue Lebenschancen in den größeren Gemeinden und Städten geschaffen werden müssen.

Aus einem Ort, dessen Bevölkerung noch vor 70 Jahren aus etwa 100 Bauern- und Händlerfamilien plus 300 bis 400 Mönchen bestand, ist inzwischen eine Stadt von ca. 60.000 Menschen geworden. Hier konzentrieren sich Funktionen und Infrastruktur eines Raumes von der Größe halb Deutschlands: mit Schulen, Krankenhaus, Busstation, Markt, Geschäfte, Hotels, Restaurants usw.

Oben ist ein Nomadenwinterquartier zu sehen. Gleich am Haus befindet sich die aus Steinen errichtete Schafpferch. Die Häuser bestehen meist aus an der Luft getrockneten Lehmsteinen.

Man kann nicht sagen, dass dieser Ort inmitten einer noch immer dominant tibetisch geprägten Region ein chinesisches Gepräge hätte abwehren können. Gleichwohl stellt sich die Frage: wie würde die Stadt einer ehemals fast reinen Nomadenbevöl-kerung aussehen, die niemals Städte hatte?

Es finden sich hier in fast allen Berufssparten Angehörige aus „Nomadenfamilien“: der Direktor einer der höchsten Schulen der Präfektur bezeichnet sich noch immer als Drokpa, ebenso wie der Polizist, der Uniform tragende Wachmann des größten Hotels der Stadt oder ein Taxifahrer, der aus einer Hirtenfamilie stammt.

Einmal Drokpa, immer Drokpa – so scheint es.

Auf dem unteren Bild sieht man ein Zelt aus Yakhaargewebe, das als Sommer-quartier dient. Das Yakhaargewebe ist leicht und wetterfest, obwohl es sehr dünn erscheint (und damit leicht und für den Transport geeignet). Die schwarze Farbe absorbiert die Wärme der Sonne und hält die Zelte bei Tag recht warm. Das poröse Material sorgt für eine gute Durchlüftung und schützt doch vor dem heftigen Wind in den großen Höhen.

Heutzutage sieht man neben den Zelten Fotovoltaikpaneele, Motorräder und sogar Traktoren oder Lastkraftwagen, mit denen der Transport der Zelte zu neuen Weidegebieten viel einfacher geworden ist. Auch eine Satellitenschüssel ist bei genauem Hinschauen zu erkennen. Es zeigt auch, dass die Nomadenfamilien sich einen gewissen Wohlstand geschaffen haben. Gebetsfahnen, die an keinem Zelt fehlen dürfen, runden das Bild ab.

Die Bekleidung, um den tibetischen Winter zu überstehen, ist der Paktsa, eine Art Mantel aus Yakfell, der als Hauptkleidungsstück getragen wird. Er ist, wie auf dem Bild rechts zu sehen, vorn weit übereinandergeschlagen und wird mit einem Gürtel zusammengehalten. Der obere Teil des Paktsa dient als Tasche, in der sich eine ganze Menge unterbringen lässt. Wem es zu warm wird, der schlüpft einfach aus einem der beiden Ärmel.

Gung Gyu Tso noch mit Eis bedeckt

 

Der Alltag

Ein wenig bekannt wurden wir mit den täglichen Leben der Tibeter beim Besuch von Penpas Schwester. Sie lebte in einem zweistöckigen Haus, das aus an der Luft getrockneten Ziegeln gebaut war. Sie bewirtete uns natürlich mit dem Nationalgetränk der Tibeter, Buttertee. Dieser besteht aus einem Sud von gepressten Teeblättern, dem Butter (die meist ranzig ist) und Salz oder Soda beigemischt werden. Das Getränkt schmeckt dann eher nach Suppe als nach Tee. Der Tee ist nahrhaft und spendet die erforderliche Flüssigkeit, die man in den extremen Höhen trinken muss, um der Dehydration vorzubeugen.

Oben ist der Vorratsraum in dem getrockneter Yakdung als Heizmittel für den Winter und die Essenszubereitung aufbewahrt wird. Gleich daneben die Führer der kommunistischen Partei Chinas.

Das kleine Säckchen in der Hand von Penpas Schwester ist mit Tsampa gefüllt. Das Gerstenmehl wird mit einer Handvoll Zucker, Butter und Buttertee vermischt und ergibt im Sack ein recht köstliches Gemisch, dass wir probieren durften. Im Hintergrund befindet sich ein Fernseher, der mit Solarenergie betrieben wird, die auf dem Dach des Hauses mit zwei Paneelen erzeugt wird. Der Empfang erfolgt über eine Satellitenschüssel. (Bild oben) Auch elektrisches Licht ist vorhanden.

Das kleine Mädchen kam mit ihrer Mutter, einer Verwandten, uns anzuschauen. Sie brachten Buttertee in einer Thermoskanne mit. Die Haut ist von der Sonneneinstrahlung und dem Aufenthalt an der frischen Luft gezeichnet.

Zum Trocknen ausgelegter Yakkäse auf dem Dach des Hauses

Jogurt

Penpa, unser Reiseführer bietet uns ein Stück Trockenfleisch an. Am anderen Ende ist noch ein Büschel Haare zu sehen

Ein Wasserbehälter der mit dem Tragekrug jeden Morgen aufgefüllt wird. Diese Arbeit wird von den Frauen erledigt.

Käse? Fleisch?

Einen Webstuhl gibt es in den meisten Haushalten. Da kann die Frau im Winter, wenn es auf dem Feld oder mit den Tieren weniger zu tun gibt, selbst Kleidung herstellen. Das entlastet das Budget.

 
Tibetische Nomadenfrauen tragen mit ihren alltäglichen Arbeiten wie Melken, Butterstampfen, Kochen, Wasser holen usw. meist die Hauptlast der Arbeit, was sich schön in einer tibetischen Wendung ausdrückt: „Kinder haben Schwielen an den Fußsohlen, Frauen an den Händen und Männer am Hintern.“ Natürlich, die Kinder sind während des Hütens viel auf den Beinen, die Frauen arbeiten mit ihren Händen und die Männer sitzen traditionellerweise beim Teetrinken zusammen. An Arbeiten fallen den Hirtenmännern insbesondere saisonale Aufgaben zu. Dazu gehören das Wandern mit den Herden, das Reisen und der Handel. Letzteres gilt als besonders beschwerlich, und so scheinen die Frauen durchaus davon überzeugt, dass die Lasten gleichmäßig verteilt seien.

Hier hat eine Frau Wasser aus dem Namtso See geholt, kurz nachdem die Sonne aufgegangen ist. Die Sonne ging spät auf, da es in China nur eine Zeitzone für das ganze Land gibt und Tibet weit westlich von Peking liegt. (Etwa 5 Flugstunden) Dafür war es am Abend länger hell.

Im Gegensatz zu den Nomaden müssen die sesshaften Bauern die kurze Vegetations-periode der 3-4 Sommermonate nutzen, um ihren Nahrungsmittelbedarf für das ganze Jahr zu erzeugen. Meistens haben die Bauern auch noch Viehwirtschaft.

Mit den Wirtschaftreformen in den 80-ziger Jahren wurde auch der Privatbesitz im Tibet wieder eingeführt. Bauern im Tibet hatten wieder die Möglichkeit der langfristigen Bodenbenutzung, des Besitzes eigener Tierherden und selbständigen Wirtschaftens.

Die Bauern und Hirten im Tibet brauchen heute keine Landwirtschaftsabgabe oder Viehzuchtsteuer zu entrichten. Ebenso sind kleine Wirtschaftsbetriebe und Einzelgewerbetreibende im Tibet, die Artikel des täglichen Bedarfs herstellen und verkaufen, von der Industriesteuer und Handelssteuer befreit.

Moderner Bauer mit Smartphone- App zum Bestellen der Felder :-)

Wenn Bauern im Tibet heute Ödland urbar machen, so erhalten sie ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht für diese Böden, und können dieses Benutzungsrecht auch vererben. Diese Form des Landbesitzes ist in anderen Teilen Chinas in der Regel nicht möglich. In China fällt erworbener Landbesitz nach rund siebzig Jahren automatisch an den Staat zurück.

Die chinesische Regierung schenkte den tibetischen Bauern Traktoren, um ihnen die Feldarbeit zu erleichtern und Brachflächen urbar zu machen (oder anders herum). Trotzdem bestellen viele Bauern noch traditionell mit Yaks oder Ochsen das Feld, wie links zu sehen ist.

Die Kinder werden mit auf das Feld genommen.

 
 
 

Das Sammeln von Yakdung ist Frauenarbeit. Im Hintergrund der Namtso See, einer der drei heiligen Seen Tibets

Moderne Nomaden - Aber der kleine Motorradfahrer hat noch den traditionellen Paktsa an. Die Motorräder sind alle bunt geschmückt. Es ist ja auch der ganze Stolz und Reichtum des Besitzers. Im Hintergrund der über 7000 Meter hohe Gurla Mandata

 

Steinmetze bei der Arbeit

Und Häuslebauer

Tibet - Land der Berge

Ein wichtiger Grund, warum auch wir nach Tibet fuhren, sind die Berge. Nun wäre es unwahr zu sagen, dass wir den richtig hohen Berge nicht zu nahe kamen, denn selbst die Hochebene, auf der wir uns bei unserer Fahrt durch das Land bewegten, war mit Höhen von 4000 bis 5000 Meter höher als die meisten Gipfel der Alpen. Wir überquerten mehrere Pässe mit einer Höhe von über 5000 Meter und befanden uns auf gleicher Höhe wie der Elbrus, dem höchsten Berg des Kaukasus (5642 Meter), als wir den Dolma La Pass überquerten. Nichts desto trotz ist die Landschaft, die wir in den drei Wochen Tibet durchstreiften eher geprägt von Ebenen, an dessen Rändern sich Berge befinden, der Himalaja und der Transhimalaja. Wir kamen den Rändern unterschiedlich nah.

Geologisch gesehen sind die Entstehung der Gebirgsketten des Himalajas und des tibetischen Hochlands Ereignisse, die noch nicht allzu lange zurückliegen. Die Gebirge sind weniger als vier Millionen Jahre alt und gehören damit zu den jüngsten der Welt. Vor ca. 80. Millionen Jahren brach Indien von einem früheren massiven Urkontinent ab. Die riesigere Insel bewegte sich langsam durch das Meer Tethys und setzte harte Gesteinsschichten an. Schließlich stieß sie an die Südseite Asiens. Nun schob sich das Felsgestein unter die Festlandsmasse und hob das Land empor. Auf diese Weise entstand das Himalaja-Gebirge mit dem dazwischen gelegenen hohen Plateau von Tibet.

In einem Prozess von insgesamt rund 50 Millionen Jahren wurden die Berge zu fast 9000 Meter getürmt. Die von Westen nach Osten laufenden Gebirgszüge Himalaja und Transhimalaja sind insgesamt etwa 3200 km lang. Ihre Anordnung lässt den erdgeschichtlichen Vorgang deutlich sichtbar werden. Die Bewegung des indischen Subkontinents ist bis heute nicht abgeschlossen. Noch immer schiebt die Landmasse Indiens den Himalaja um mehrere Zentimeter pro Jahr in die Höhe.

Blick aus dem Flugzeug auf das Mt. Everestgebiet, dass hier im Bild darüber von der Nordseite zu sehen ist.

In Tibet herrscht Hochlandklima mit großen Tagestemperaturschwankungen und viel Sonnenschein. Auch sind die Temperaturunterschiede zwischen dem Süden Tibets und dem Norden beträchtlich.

Das angenehmste Klima herrscht in den tieferen Lagen des Südostens Tibets. Dort liegen auch die Städte Lhasa, Gyantse und Shigatse. Lhasa hat eine Durchschnittstemperatur von 8 °C, Shigatse von 6,5 °C während nach Norden hin das tibetische Plateau auf über 4500 Meter Höhe ansteigt und in der nördlichen Hälfte Tibets die jährliche Durchschnittstemperatur unter 0 °C (Permafrostgebiet) liegt.

Den höchsten Gipfel der Welt, den Mt. Everest noch einmal anzuschauen, das ist schon eine halbe Reise wert. In Nepal benötigten wir dafür fast zwei Wochen, eine Busfahrt von Kathmandu nach Jiri mit anschließender Wanderung nach Namche Basar, von wo wir den ersten Blick erhaschten. Das liegt jetzt aber schon fast 13 Jahre zurück. Wir sahen ihn also bereits von Süden und auf dem Flug von Taro (Bhutan) nach Delhi aus der Luft. Auf unserer Tibetreise genossen wir den Blick von Norden.

Bilder von unterwegs

 

Geologischer Nationalpark auf dem Weg ins Königreich Guge

 

Bramaputra- Tsangpo

 Am 1. Tag unserer Fahrt gen Westen überquerten wir den Bramaputra, der uns die ganze Reise begleitete.

Der Brahmaputra ist der Hauptstrang des als Meghna in den Indischen Ozean mündenden wasserreichsten Stromes in Asien. Er fließt mit einer Länge von rund 3100 Kilometern bis zum Zusammenfluss mit dem Ganges durch das Gebiet der Staaten China, Indien und Bangladesch. Der Brahmaputra (Tsangpo) entspringt auf der Nordseite des mittleren Himalaya 130 km östlich des Kailashs. Nach der Vereinigung dreier Quellbäche, deren mittlerer und wasserreichster dem Gletscher Jema Yangdzom entströmt, heißt der Fluss für die nächsten 268 Kilometer Matsang.

Der Fluss verläuft insgesamt für 2057 Kilometer innerhalb Tibets, zumeist etwa 160 Kilometer nördlich parallel zur Hauptlinie des Himalaya in Richtung Osten. Sein oft geradliniges Tal trennt dort, von bedeutenden Verwerfungslinien begleitet, den Himalaya im Süden vom Transhimalaya im Norden. Das von trockenem Grasland geprägte Hochtal ist über längere Strecken breit und besiedelt, unterbrochen von engen Passagen. Der verästelt fließende Tsangpo ist über 650 Stromkilometer und in mehr als 3650 Metern Höhe verlaufend der höchstgelegene Schifffahrtsweg der Erde. Seine mittlere Wasserführung liegt zwischen gut 900 m³/s bei Yangcun (nahe Lhasa) und knapp 2000 m³/s am Beginn der großen Schluchten.

Tsangpo (Bramaputra) in der Nähe von Saga, wo auch eine Brücke über den Fluss führt.

Tsangpo in der Nähe von Gyatse

 
Heilige Seen

See im Quellgebiet des Pramaputra

 
Namtso See

Mit einer Fläche von 1855 Quadratkilometern ist der Namtso See (auch Nam Co-See oder Namtsho) der größte Salzsee in Tibets. Er liegt auf 4718 Meter über dem Meeresspiegel. Auf Tibetisch bedeutet Namtso “See des Himmels” und er gehört zu den 3 heiligen Seen in Tibet. Aktuelle Forschungen bescheinigen nun dem höchstgelegene See der Welt, dessen Wasser durch den Nyainqentanglha-Berg gespeist wird, die weltweit sauberste Luft.

 
Yamdrok See

Der Yamdrok See (Yardrog Yutsho) ist ein See in 4441 Metern Höhe, hat eine Fläche von 638 Quadratkilometern und ist 30 bis 40 Meter tief; seine Ausdehnung beträgt von Osten nach Westen rund 130 Kilometer, von Norden nach Süden rund 70 Kilometer. Das Ufer des Sees ist stark zergliedert und im See gibt es rund ein Dutzend Inseln; die größte hat eine Fläche von rund 3000 Quadratmetern. Der Yamdrok See friert im Winter zu. Der Name des Sees bedeutet „grüner Jadesee der oberen Alm“.

 

Der See ist verkehrsmäßig über einen gut ausgebauten Abzweig des Friendship Highways erschlossen. Nördlich des Sees befindet sich das größte Wasserkraftwerk Tibets.

 
Manasarowar See

ist einer der “ drei heiligen Seen Tibets” und liegt 4583 Meter über dem Meeresspiegel. Der Manasarovar-See hat eine Fläche von 412 Quadratkilometern und ist bis zu 82 Meter tief.

Der Manasarovar-See gilt für die Buddhisten als das sich drehende Rad des Lebens. Für die Hin­dus ist er ein Werk ihres obersten Gottes Brahma.

Der Pilgerweg um den See verläuft auf ca. 100 Kilometern. Die Runde dauert vier bis fünf Tage. Auf der Runde müssen die Pilger einige Flüsse durchqueren. Auf der Strecke liegen fünf Klöster, wo es auch Übernachtungsmöglichkeiten gibt.

Beim Trugo Kloster am Manasarovar See finden rituelle Waschungen für die Hindis statt. Wenn der Pilger im heiligen Wasser badet, sind ihm alle Sünden vergeben.

Westlich des Manasarowar-Sees liegt der Langa Co (Rakshas-Tal), der “ See der Dämnen”. Der Manasarovar See hat eine runde Form, und das Rakshas-Tal ist sichelförmig. Die beiden symbolisieren jeweils Sonne und Mond, Ying und Yang.

 
Tiere Tibets
Tibetischer Mastiff
Tibetfuchs
Tibetantilope

Das Murmeltier

Der Pfeifhase
Wildesel
 
Tibetgazelle
 
Blauschaf
Das Blauschaf frißt Geld im Tempel
 
 
Vögel
Schwarzhalskranich

Was uns in Bhutan nicht vergönnt war, die Beobachtung von Schwarzhalskranischen, gelang uns in Tibet mehrmals.

 
 
 
 
 
 
 
 
Bartgeier
 
Volksfest
Dieses fantastische Erlebnis, ein Volksfest zum Abschluss der Bestellung der Felder, schenkte uns der Zufall.

In einem separaten Buch werde ich das reichlich vorhandene Bildmaterial verarbeiten.

 

 

Volksfest- Die Frauen tanzen

Die Männer umrunden das Dorf auf ihren Pferden.

 

Unterwegs

 
Dzong in Gyatse

Wenn das Kloster Gyatse (unten) von Mönchen dreier Schulen des tibetischen Buddhismus: Sakya, Bodong und Gelug genutzt wird, steht der Dzong leer.

 
Kloster Shigatse

Eines der vielen Fotos aus dem fahrenden Landrover ohne anzuhalten. Hätten wir für alle Fotos einen Stopp eingelegt, wären wir drei Monate unterwegs gewesen.

Das Straßennetz im Autonomen Gebiet Tibet ist bis Ende vergangenen Jahres auf eine Gesamtlänge von mehr als 63.000 Kilometer erweitert worden. Die chinesische Zentralregierung hatte in den vergangenen Jahren ihre Unterstützung Verkehrsinfrastruktur-Projekte in Tibet erhöht. In den nächsten Jahren werden in diesem Bereich weitere Investitionen erfolgen. So sollen fast 50 Milliarden Yuan RMB bereitgestellt werden, das sind umgerechnet knapp sechs Milliarden Euro.

Wir waren die Nutznießer des ausgebauten Straßennetzes. Wir kamen schnell voran, jedoch eingebremst von den Kontrollen, die unsere Papiere ständig kontrollierten aber auch unsere Fahrzeit. Denn man durfte nicht zu schnell fahren. Fuhren wir zu schnell, machten wir vor der nächsten Kontrolle einen kurzen Halt, um die nötige Zeit verstreichen zu lassen.

Ausbesserungen am Asphalt

China elektrifiziert Tibet. Bis zum Jahresende 2012 wurden in 1.630 Dörfern Solaranlagen installiert, die auch in den ent-legensten Ecken des Reiches Strom liefern. Das Projekt läuft bereits seit 2008 und kostet etwa eine Milliarden Renminbi.

Unterwegs zum Kailash kamen wir durch viele Dörfer in denen die Straßenbeleuchtung auf Basis von Fotovoltaik funktionierte.

Errichtung eines Fernleitungsmastes auf einem Pass in über 5000 Meter Höhe.

In Tholing wurde mit Solarspiegeln das Wasser erwärmt. Ein weit verbreitete Methode.

Solarenergie für den Fernseher

Simi La Pass und See
 

Was haben die beiden unteren Fotos gemeinsam?

Manasarovar-See auf einer Höhe von über 4500 Meter am Fuße des Kailashs Gyatso La Pass 5248 Meter über N.N.

Die Auflösung zu der Frage ist, dass es beides Orte sind, wo ein natürliches Bedürfnis befriedigt wird. Das linke Foto mit dem Manasarovar-See zeigt eine Tibeterin, wie sie auf natürliche Art und Weise ihre Morgentoilette macht und das rechte Bild die höchste Toilette, auf der wie je waren.

 

Bei wolkenlosem Wetter kann man vom Pass den Mt. Everest sehen. Uns war es leider nicht vergönnt. Doch wir hatten ihn am Abend zuvor bei herrlichem Wetter und einem schönen Sonnenuntergang bewundern können.

 
Lhasa
 
Jokhang Palast
 

Blick vom Potala auf Lhasa

Lhasa ist eine moderne Großstadt mit rund einer halben Million Einwohner, liegt in einem Gebirgstal auf einer Höhe von 3600 Metern und erstreckt sich über 10 km. 1950 lebten hier nur etwa 20.000 Menschen auf einer Fläche von 3 km² rund um den Potala Palast und nochmals 20.000 Mönche in den umliegenden Klöstern.

Der Potala-Palast war während der Zeit der zentraltibetischen Regierung von 1642–1959 offizielle Residenz und Regierungssitz der Dalai Lamas. Der riesige Palast liegt auf dem Berg „Mar-po-ri“ („Roter Berg“), der sich 130 Meter über Lhasa erhebt. Heute ist er Museum und heilige Stätte zugleich.

In Lhasa gibt es moderne westliche Supermärkte, in denen ein Produktsortiment verkauft wird, dass sich nicht von anderen asiatischen Einkaufszentren unterscheidet.

Sie sind bunt, grell, laut, mit Waren vollgestopft, hygienisch sauber, modern ausgerüstet, mit ein wenig traditionellem tibetischen Design. Bezahlt wir mit Mao, der auf jedem chinesischem Geldschein aufgedruckt ist. Ein Bild vom Dalai Lama dagegen sahen wir nicht.

Wir kauften hier für unsere Reise Verpflegung ein, da wir voraussichtlich an einigen Tagen keine Gelegenheit haben würden, etwas zu Essen käuflich zu erwerben, uns also selbst verpflegen würden. Das traf dann doch nicht ein, wenn man von dem Mittagspicknick vor Guge absieht.

 
Lhasa Stadt der Kontraste
 
Aber man kann auch noch die typischen tibetischen Geschäfte in den Straßen finden, in denen Yakfleisch, Yakkäse, Schaf-, und Rinderzeugnisse selbstgemachte Teigwaren, traditionelle Hüte der verschiedenen Volksstämme oder einfach nur Gerstenmehl verkauft werden. Gemüse wird auf fahrbaren Ständen gehandelt, überall im Land verkaufen fliegende Händler getrockneten Käse am Straßenrand.
 
Nach buddhistischen Brauch soll man ja Tiere nicht töten und 'Fleisch nicht essen. Aber die Ausnahme der Regel lautet dass man Fleisch essen darf, wenn das Tier nicht von ihm selbst getötet wurde, wenn er andere nicht beauftragt hat, es zu töten, wenn das Töten des Tieres nicht speziell für ihn erfolgt ist. Eine vegetarische Ernährung ist aber unter den klimatischen Bedingungen und durch den Mangel an pflanzlicher Nahrung nahezu unmöglich. Erneut ein Gegensatz mit dem die Tibeter souverän umgehen. Interessant ist auch, wie auf dem Bild zu sehen, dass meist noch etwas Fell an den Haxen gelassen wird.
Fleisch wird in getrockneter Form mit sich geführt (unter dem Mantel) und kalt, ungeräuchert und ungekocht gegessen.

Unten getrockneter Käse. Oben ein Stück Fleisch mit Haaren. Weit verbreitet in Tibet.

 

Was für eine Symbiose! Traditionelle tibetische Gebetsmühlen angetrieben von Fotovoltaikzellen aus chinesischer Produktion. Die chinesisch erzeugte Energie wird zu religiösen Zwecken der Tibeter genutzt. Eine Mühle dreht sich jetzt in unserem Wintergarten.

Die ältere Generation besinnt sich bei ihren gläubigen Handlungen noch auf die herkömmliche Muskelkraft. Pensionäre haben viel Zeit, sich ihrem Glaube zu widmen.

Das tun diese Menschen dann auch, in dem sie viele Koren laufen (Umrundungen von religiösen Stätten) und dabei die Gebetsmühlen (auf dem Bild ein größeres Exemplar) drehen, um so dem endlosen leidvollen Kreislauf (Samsara) zu entkommen und durch Erleuchtung (Erwachen) den Zustand des Nirwana, der Leidlosigkeit bzw. des Glücks zu erreichen.

Besonders in den Winter-monaten, wo die Arbeit auf den Feldern ruht, und im Monat Mai, dem Geburts- und Sterbemonat Buddhas, in dem eine Kora das Vielfache zählt wie sonst, sind viele Gläubige unterwegs. Wir hatten reichlich Gelegenheit sie bei der Ausübung ihrer Religion zu beobachten.

Was ins Auge fällt, ist die Hingabe, mit der sie die Handlungen vornehmen. Deutlich wurde dies ganz besonders beim Besuch des Jokhang Tempels und des Potalas. Die Stirn wird an die Heiligtümer gedrückt, kleine Geldscheine an jeder größeren Statue gespendet, Öl wird aus mitgebrachten Thermoskannen in die unzähligen Butterlampen nachgegossen. Und dabei murmeln sie ununterbrochen ihre Gebete (Om mani padme hum) im Takt der durch die Hände gleitenden Perlen des Rosenkranzes.

 
Lhasa - Kora um den Jokhang
Räucherofen am Rande des Pilgerweges um den Jokhang. Die historischen Gebäude der Altstadt sind eingerüstet zur Renovierung.

Lhasa war eingerüstet, als wir am 9. Mai in der Stadt ankamen. Die Altstadt wurde quasi komplett rekonstruiert. Die Infrastruktur, Abwasser, Wasser und elektrische Leitungen wurden erneuert. Die Fassaden aufgefrischt. Und das Ganze passierte gleichzeitig in der ganzen Altstadt. Als erstes wurde die Begehbarkeit des Koraweges um den Jokhang wiederhergestellt. Denn es war Mai, der Geburtsmonat Buddhas, in dem immer besonders viele Pilger den Tempel umrunden. Die Restau-rierung ging zügig voran. Als wir nach weniger als drei Wochen von unserer Reise zum Kailash nach Lhasa zurückkehrten, waren die meisten Gerüste verschwunden, die Straßen wieder gepflastert und die Altstadt sah aufgefrischt aus.

Der Zugang zum Zentrum der Altstadt wurde kontrolliert. Es waren weniger die Touristen, denen die Aufmerksamkeit der Polizei galt, als den Tibetern.

Auch wir umrundeten den Jokhang mehrmals, mischten uns unter die Pilger, die recht zügig die Kora abschritten. Wir besuchten aber auch den Tempel selbst, durch den sich eine ununterbrochene Menschenschlange von Gläubigen entlang der vielen Heiligtümer, Statuen, Buddhafiguren, ... schob. Im Vorbeigehen schenkten die Pilger mitgebrachtes Fett in die Öllampen, die den Tempel in ein düsteres, flackerndes, räucherndes Kerzenlicht tauchten. Vor besonders heilige Reliquien wurden Geldscheine gelegt und der Kopf an das Glas oder Geländer gedrückt. Vor einigen Heiligtümern warfen sich die Gläubigen auch nieder.

 

Betende und sich erholende Pilger vor dem Jokhang Tempel im Zentrum der Altstadt von Lhasa. Der Jokhang ist die bedeutendste und heiligste Stätte des tibetischen Buddhismus.

Die Frömmigkeit war beeindruckend. Penpa erklärte uns die Bedeutung der verschiedenen Buddha-Figuren. Der Tempel war kein Museum. Er war immer noch das Heiligste, was die Tibeter hatten. Leider durften wir nicht fotografieren oder filmen, auch nicht gegen einen Obolus, wie es an anderer Stelle manchmal möglich war. Und wir respektierten dies, obwohl wohl nirgends wo anders, die enge Verbundenheit der Tibeter mit ihrem Glaube deutlicher wurde als hier im Jokhang. Seit dem Jahre 2000 ist er gemeinsam mit dem Potala UNESCO Weltkulturerbe.

 

Sera Kloster

Mönche lernen die Kunst des Diskutierens im Sera Kloster nördlich von Lhasa. Hier tritt einer der Widersprüche des Landes sehr deutlich zu Tage. Unter polizeilicher Aufsicht wird die buddhistische Religion ausgeübt. Das Kloster wurde während der Kulturrevolution zerstört, doch später mit Mitteln des chinesischen Staates wieder aufgebaut.

 
Tibeter

Traditionelle Kopfbedeckung der Tibeter - Frauen und Männer tragen Ohr- und Haarschmuck, Zöpfe, Ringe...

Tibeterin auf dem Saga Dawa Fest in Darchen am Kailash

Tibeter im Süden Tibets auf einem Volksfest nach Ausbringung der Ernte in der Nähe von Tingri

Pilgerin im Shigatse Kloster lehnt ehrfurchtsvoll betend ihre Stirn an die Tempelwand. Die dunklen Flecken sind der Schweiß von vielen tausend Pilgern, die die selbe Handlung vor dieser Frau vollzogen haben.

 
Zum Nachdenken
Potala Palast mit 999 Zimmern auf 14 Etagen - so lebten die Dalai Lama

Tholing - Stadt in der Region Ngari im Süd-Westen Tibets - so lebt zum Teil heute noch die Bevölkerung; ohne fließendes Wasser, geheizt wird im Winter mit Yakdung, die Toilette befindet sich außerhalb des Gebäudes

 

"Ein Mensch, der einem Vorurteil verfallen ist, verteidigt es wie ein Vogel sein Junges. Er verhält sich, als ob er in Gefahr wäre, etwas Unentbehrliches zu verlieren". Wolfgang Metzger -Deutscher Psychologe

Ich hoffe, dass das Buch ein wenig dazu beigetragen hat, dass man sich ein ganz klein wenig ein Bild über Tibet machen konnte, von seiner Schönheit, von seiner Gegenwart, von seinen Menschen, vor allem aber vorurteilsfrei.

 

Fotos und Text: Frank Block (Ein Foto von Dr. Berthold Karle) Auszüge aus dem Artikel "Nomaden ohne Weide" von Andreas Gruschke und aus der Wikipedia.

 

Alle Bilder auf einen Blick (Diashow) ohne Text

 

 Zurück zur Übersicht