Tag 4 18.08 2011–6.35 Donnerstag Uhr  Fahrt in den Westen Zur Übersicht Bericht Zur Übersicht Madagaskar

Die Nacht ist vorbei. Die Sonne geht auf über dem Hügel am Horizont. Wir sitzen vor unserer Finka und Toma legt das Moskitonetz zusammen. Sonst passiert auf der Mattscheibe nur recht wenig. Ein Hund läuft vorbei, man hört das Rascheln der Besen, weiter weg wird Holz gehackt, um Brennstoff für das Frühstück zu haben (über 80% der Bevölkerung verwendet noch Holz zum Kochen). Immer wieder mal geht ein Madagasse, eingehüllt in ein Tuch vorbei. Es ist noch etwas frisch.

Ein Junge geht mit dem Zebu auf die Weide. Die Sonne ist gerade aufgegangen.

Unsere Mannschaft ist wach und hat sich am Auto versammelt. Die Konsumfrau hat auch das Haus verlassen. Die Nacht war sternenklar. Wir sahen die Milchstraße in aller Schönheit, und es wurde einem wieder einmal klar, warum die Sterne Milchstraße heißen. Das Abendbrot nahmen wir im Hotel-Restaurant ein. Als Tischgast hatten wir ein Huhn. Die Bänke und die Tische waren aus Bambus (sehr romantisch). Die Gaststube war etwa 2 mal 3 Meter groß (urst gemütlich) und auch höchstens 2 Meter hoch. Es gab Reis mit Huhn und Hühnerbrühe (vom Mittag – sie war kalt) Als madagassisches Nationalgetränk ließ man uns Wasser probieren, das man auf die Reste von Reis gießt, der nach dem Kochen im Topf verblieben und angebacken ist, und dem man mit dem Wasser auskocht (um den Topf sauber zu bekommen) und diese Wasser hat Toma probiert (und hier habe ich nicht geflunkert!!!). Ich fragte mich natürlich, wie man sich dann noch vor einfachen, afrikanischen Hausschaben ekeln kann. Ich sitze in der aufgehenden Sonne, deren Strahlen nun auch ein wenig zu wärmen beginnen und erinnere mich an die gestrige / heutige Nacht. Das Bett war ein Eisengestell mit Stahlfedern und eine Matratze darauf. Toma hat mit viel Mühe und Aufwand ihr Moskitonetz befestigt, und als ich mich kurz zu ihr auf das Bett setzte, gaben die Federn nach. Wir kamen uns also im Bett sehr nahe, rollten zur Mitte, was vielleicht die hohe Geburtenrate in Afrika erklärt. Wohl aber nicht, da ein solches Eisenmonstrum eher die Ausnahme für ein Bett ist. Zum Glück gab es noch eine Aufbettung in unserem Appartement, eine Schaummatratze mit Laken und Kissen auf dem Betonfußboden. Es wurde meine Schlafstelle. Außer den zwei Schaben gab es keine Anzeichen von eiweißhaltigem Getier. Bei Kerzenschein legten wir uns schon recht zeitig schlafen. Zu Beginn waren noch viele Geräusche zu hören, vor allem die Generatoren aus der Nachbarschaft, aber auch die Trommeln aus der Diskothek. Mein Gehirn verarbeitete das Erlebte des Tages, die Brände, den Greifvogel mit der Schlange in den Krallen, das Mittagessen in dem kleinen Dorf, bevor es mich zur Ruhe kommen ließ.

Anmerkung: Das kleine Haus, in dem wir übernachteten, war keinesfalls ein Hotel, Motel oder etwas Ähnliches. Es war ein Haus eines Dorfbewohners, das in Blitzesschnelle für uns leer geräumt wurde, bis auf das Bett, die Matratze und zwei Stühle. Mit der Einnahme für unsere Übernachtung machte der Hausbesitzer ein gutes Geschäft. (Wenn er 10 Euro bekam, ich gehe eher von 5 aus, hat er gut verdient.) Das dazugehörige Plumskloh befand sich 20 Meter neben dem Haus und konnte eigentlich nur mit Stiefeln betreten werden. Eine Waschgelegenheit gab es nicht. Trotzdem übernachteten wir komfortabler als viele der Dorfbewohner.

Alle Bilder von Tag 4

Nach der Nacht in Beravina fuhren wir pünktlich los. Das Frühstück: Makkaroni mit Eiern (Eier für mich). Die Landschaft hatte sich geändert.

Wir fuhren nicht nur auf den Hügelkuppen, wie am Vortag, sondern es ging bergauf, bergab. Palmen verstreut in der Grasssteppe dienten den Madagassen zur Herstellung eines leicht alkoholischen Getränkes, dass sie durch Anzapfen der Bäume gewannen, in Eimern ins Dorf transportierten oder direkt auf der Straße verkauften.

Was konnte auf einer 10-stündigen Autofahrt noch alles passieren? Immer seltener passierten wir Dörfer, neue Vögel gab es auch keine, nur die Straße, besser der Weg wurde immer herausfordernder.

 

Unser Fahrer, Nikola, stellte sein Können unter Beweis. Dann wurden wir erlöst von der sich einstellenden Eintönigkeit An einer Flussüberquerung standen Töpfe mitten auf dem Weg. Es war ja auch Lunchtime. Ein knalloranger Mercedeslaster, etwa 50 Jahre alt oder älter (ich kann mich an solch ein Modell nicht erinnern) stand mitten in der engen Passage, die zum Fluss bergab führte.

Die Madagassen hantierten am Weg mit einem Spaten. Hurra. Aussteigen. Bis zum Mittag (dem Dorf, wo wir es einnehmen wollten)  war es nicht mehr weit und es war eh erst 10.30 Uhr. Der LKW war im Sand bergauf stecken geblieben und kam den kurzen Anstieg von 10-20 Metern nicht hoch. Die Madagassen hatten hier schon übernachtet. Ich griff mir die Kamera und los ging es. Es zwitscherte im Gebüsch und das Wasser versprach auch Vögel. Flussläufer, Papageien, Kingfischer und ein großer Vogel, fast von der Größe eines Fasans konnte ich fotografieren. Letzter war ein Kuckuck. Im Wald ein paar 100 Meter weiter sah ich ein weiteres Exemplar. Es ist Freitag und die Woche geht zu Ende. Bei dem Kuckuck musste ich an Borja denken. Bestimmt ist schon alles klar. Hoffentlich hat sein Leiden ein Ende.

Kronenkiebitz (mehr Bilder)

Madagascar Coucal (alle Bilder)

Eisvogel-Kingfisher

Die Madagassen arbeiteten nun etwas  intensiver. Nach etwa einer Stunde hatten sie sich weitere 5-10 Meter vorwärts bewegt. Das reichte Nikola, um durch den Busch einen Weg hinter den Mercedes zu finden. Wir stiegen wieder zu und weiter ging die Fahrt. Bis zum Mittag war es noch weiter als gedacht. Wir kamen an eine Baustelle, die wir weiträumig umfahren mussten. Es war keine dieser Umfahrungen, die wir öfters unterwegs antrafen, denn sobald die Straße durch den Regen weggespült wurde oder zu tiefe Rinnen ausgewaschen wurden, legte man wenige Meter daneben eine neue Straße an. Kunst bestand darin, rechtzeitig zu entdecken, welche die richtige von den beiden war.

Auf der Umleitung sahen wir zum ersten Mal versteinertes Holz (hier in Afrika). In Karl-Marx-Stadt gibt es im Stadtzentrum als Sehenswürdigkeit einen versteinerten Wald. Hier lagen die versteinerten Baumstämme überall herum. Wir nahmen ein Stück Baum mit. Für unseren Fahrer fand ich einen Baum mit vielen Quarzkristallen. Wir können ja nur kleine Stücke mitnehmen im Koffer mit dem Flieger. Die Jahresringe sind zu sehen und auch die Holzstruktur ist noch erhalten. Eigentlich war dies das Highlight des Tages. Aber damit hatten wir schon zwei.

Gegen 14.30 Uhr erreichten wir unser Dorf mit der Kneipe. Das Essen war schon vorbereitet (es kommt ja jeden zweiten Tag ein Auto vorbei und alle zwei Wochen oder 1 Mal im Monat Vazas – Fremde). Die professionelle, kommerzielle Küche erwartete die Hirten, die um diese Zeit vom Feld zurückkehrten. Es gab Zebu mit Reis. Die Kinder hatten Spaß am Blitzlicht, das ich zum ersten Mal einsetzte, noch mehr aber, wenn immer sie sich die Bilder auf dem Display anschauten.

Das Restaurant - Die Nachricht ging ruck zuck im Dorf um: Vazas, in der Dorfmitte, beim roten Auto.

Da das Essen nicht erst gekocht werden musste, benötigten wir nur eine halbe Stunde für den Mittagstopp. Im Dorf wurde gerade ein Dach gedeckt.

 Bis zum Ziel verblieben noch 25 Kilometer. Wir würden also zeitig ankommen. Wir kamen immer öfter durch ausgetrocknete Flusstäler, kleine Rinnsale in Senken oder Furten, von denen manche sogar betoniert waren.

Der Weg wurde immer mehr zur Herausforderung und so war es nur eine Frage der Zeit, bis wir auch in der Pampe einer Senke steckenblieben. 1. Herausspringen, weit genug, um nicht im Schlamm zu landen. Die Räder drehten durch, und hinten saßen wir auf. Wir suchten Holz und Steine, packten sie unter die Hinterräder, mit dem Wagenheber kurbelten wir das Hinterteil des Jeeps hoch und nach mehreren Versuchen waren wir raus. Das ist es doch, was man immer von Expeditionen sieht. Erwartungen also voll erfüllt. Das Gefälle, das das Messinstrument des 4*4 Nissan Landrovers anzeigte, wurde immer öfter größer als 20%. Wenn es darüber hinausging, besonders bergab, stiegen wir alle aus.

Das kostete Zeit. Nach einem kurzen Fotohalt sprang der Wagen nicht an. Und da hatten wir unser ultimatives Highlight. Motorhaube auf, prüfen der Batteriekontakte. Als wir diese zwei, drei Mal gesäubert hatten, sprang der Wagen an.

Doch die Sonne stand schon sehr niedrig. Der Weg war mitunter nicht mehr zu erkennen, Wir fuhren in hohes Gras hinein, hindurch. Genau zum Sonnenuntergang sahen wir in der Ferne den Fluss und das Dorf, unser Tagesziel. Bis dahin stiegen wir noch einige Male aus, durchquerten kleine Flüsse, bis wir auf eine große Sandbank kamen, wo bereits ein LKW am Flussufer stand.

Die Straße Nummer 1 war hier zu Ende. Zwei Boote und mehrere Jugendliche warteten auf uns in der nun schon weit fortgeschrittenen Dämmerung.

Wir mussten über den Fluss. Das wussten sie und waren in einer guten Verhandlungsposition. Verhandlungseinig zwängten wir uns in einen Einbau (eins der Boote), der schrecklich schaukelte und mir ein riesig mulmiges Gefühl vermittelte. Ich bat sogar, aussteigen zu dürfen, doch dafür war es schon zu spät und mir hörte auch niemand zu, wir fuhren schon. Erleichtert am anderen Ufer ausgestiegen, liefen wir noch 15 Minuten durch die absolute Dunkelheit bis zum Dorf. Unser Hotel warf seinen Generator an und wir hatten kurz  Zeit, die Batterie aufzuladen. Ein Zweimannzimmer mit Kingsize-Bett war für uns reserviert. (Wir waren die einzigen Gäste im ganzen Dorf).

Es gab endlich wieder eine Dusche und eine saubere Toilette, Die Dusche war die gleiche Bauweise wie in Nepal. Ein Raum 1,5 mal 1,5 Meter mit Beton-Fußboden an dessen tiefster Stelle sich ein Loch befand. Der Luxus bestand in zwei gefüllten Fässern und zwei Plastikkrügen, die an zwei Nägeln an der Wand hingen. Ich waltete meines Amtes als Bademeister und begoss Toma mit kaltem klarem Wasser, tat dasselbe mir und wusch mir sogar mit kaltem Wasser die Haare.

Das Kingsize Bett wurde durch das Moskitonetz geteilt in einen königlichen Teil, der von dem Netz überspannt wurde und einen Teil für einfach Sterbliche, für mich. Es schlief sich gut. Wir wachten früh auf (die im königlichen Teil des Bettes Schlafende wurde von den einfach sterblichen krähenden Hähnen – ich erinnere an unser gestern verblichenes Hähnchen- in ihrer Nachtruhe gestört), gingen ins Stadtzentrum zum Bäcker frühstücken, meldeten uns beim Bürgermeister (einer Frau) mit einem Geldscheinchen an (bezahlten unsere Kurtaxe). Nachdem wir der Bürgermeisterin unsere Aufwartung gemacht hatten, folgten wir unseren Sachen, die bereits von einem Zebukarren in Richtung Fluss abtransportiert wurden waren- Salamo oder Salama Vaza wurden wir überall und von jeden begrüßt. (Die Fahrt begann.)

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